Das Freiburger Barockorchester mit Werken von Beethoven und Pauset

27.
Okt.
2011

Fragmente des klassischen Stils

Zeit ist relativ. Das hat Einstein bewiesen, und das weiß auch der Konzertbesucher, dem eine halbe Stunde Sinfonik sehr lang oder kurz erscheinen kann, je nachdem. Das von Gottfried von der Goltz geleitete Freiburger Barockorchester jedenfalls spielte im Hegelsaal Beethovens achte Sinfonie derartig federnd durchpulst und mitreißend dynamisch, dass man am Ende ungläubig auf die Uhr blickte: was, schon so spät?

Nun bilden Beethovens Sinfonien ja das Fundament der klassisch-romantischen Orchestertradition, und so werden sie oft auch gespielt: großsinfonisch aufgebläht, mit dominanten Streichern und luxuriöser Klangverblendung. Ganz anders das FBO. Streicher und Bläser sind paritätisch gewichtet, und mit den befreiten Nebenstimmen vermittelt sich auch der Gestenreichtum der eher selten zu hörenden Achten, in der Beethoven das Spiel mit Hörerwartungen auf die Spitze getrieben hat. Animierend, mit welcher Musizierlaune und technischer Brillanz Gottfried von der Goltz und seine Freiburger all die metrischen Verschiebungen und rhythmischen Spitzfindigkeiten präsentierten – so muss das klingen!

Begonnen hatte der Abend mit Brice Pausets „Kontra-Konzert“, in dem sich der Komponist auf Beethovens viertes, vom Fortepianospieler Andreas Staier attacca angeschlossenes Klavierkonzert bezieht. Ergänzt durch eine Perkussionsschicht, scheinen in Pausets Werk wie in einer imaginierten Rückblende Fragmente des klassischen Konzertstils auf: angedeutete Streicheraufschwünge, Bläsersätze, dazu virtuose Leerformeln des Solisten. Das alles grundiert von zarter Ironie und in seiner Leichtigkeit nur beeinträchtigt von der Größe des Saals, die dem Registerreichtum des Hammerflügels viel an Wirkung nahm.

Etwas hemdsärmelig danach das Beethovenkonzert Staiers, der seinen Part zwar mit dem gebotenen Artikulationsreichtum, aber technisch nicht immer ganz sattelfest absolvierte. Dass schwere Stellen als solche zu hören sind – vielleicht ist das ja auch ein Aspekt historischer Aufführungspraxis? (Stuttgarter Zeitung)

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