Ben van Oosten spielte beim Internationalen Stuttgarter Orgelsommer 2012

12.
Aug.
2012

Näselnde Gelehrsamkeiten

Ben van Oosten

So war das im Barock: wenn einem Komponisten ein gutes Stück gelungen war, brauchte der keinerlei Skrupel zu haben, dieses mittels Bearbeitung möglichst vielen Instrumenten zugänglich zu machen. Bachs festliches E-Dur-Präludium etwa mit seinem filigranen Arpeggienwerk kennt man vor allem aus der Partita für Solovioline BWV 1006 wie aus der Suite E-Dur für Laute. Doch Bach hat es auch für eine Kammermusikbesetzung mit konzertierender Orgel bearbeitet, aus der wiederum es Marcel Dupré für Orgel solo eingerichtet hat. Die euphorisierende Wirkung des Werks erscheint in der Orgelversion gar gesteigert, und so ist gut nachzuvollziehen, warum es nun der Niederländer Ben van Oosten zu Beginn seines Konzerts innerhalb des Internationalen Stuttgarter Orgelsommers gespielt hat.

Trotz des schönen Wetters war die Stiftskirche gut besucht: Es scheint sich mittlerweile herumgesprochen zu haben, dass da in Stuttgart mitten im Sommerloch jährlich ein Festival stattfindet, innerhalb dessen man – für ein bescheidenes Entgelt – einige der weltbesten Organisten hören kann. Zu denen zählt auch Ben van Oosten, der innerhalb seines historisch geordneten Programms drei Jahrhunderte durchmaß: nach zwei Bearbeitungen von Werken Bachs streifte er mit Mendelssohns Präludium und Fuge e-Moll kurz die Romantik, ließ dann mit César Francks Fantaisie A-Dur einen der französischen Orgelheroen zu Wort kommen und beendete die einstündige Orgelreise mit vier Stücken des Bach-Bearbeiters Marcel Dupré – nicht ohne dem Publikum vorher mit „Der Schwan“ aus Saint-Saens´“Der Karneval der Tiere“ noch eine hinreißende Preziose serviert zu haben. Gerade bei Dupré zeigte van Oosten die überwältigenden Klangmöglichkeiten der Mühleisen-Orgel: In den Turmglocken evozierenden Akkordballungen des „Carillon“, den ironisch gebrochenen, näselnd intonierten Gelehrsamkeiten des „Canon“ und der zurückgenommenen, strengen „Légende“, ehe dann im „Final“ die Klangwogen wie beim jüngsten Gericht kulminierten. (Stuttgarter Zeitung).

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