Das neue Soloprogramm „Ha komm!“ von Ernst Mantel im Renitenz-Theater Stuttgart

28.
Sep.
2012

Haschta la vischta

Diese Kerle kennt jeder. Sie sind Anfang bis Mitte Fünfzig, tragen Sonnenbrille, Dreitagebart und eine dicke Uhr und reihen sich mit ihrem schwarzen Cayenne an der Ampel immer auf die linke Spur ein: „Bindergerhard“ stellt er sich vor, „also Gerhard Binder“, „mei Freindin nennt mi Gary“. Gary ist freier Architekt aus dem „Großraum Böblingen/Sindelfingen“, fitnessorientiert und polyglott und ein Schwätzer vor dem Herrn. Ein typisch schwäbischer Archetypus aus dem Stuttgarter Speckgürtel, den der Komiker Ernst Mantel in seiner ganzen anbiedernden Coolness zum Brüllen komisch auf die Bühne bringt. Ein Aufreißer will Gary schon sein, klar, ein Frauenversteher aber nicht: „Frauen? Da steckst du halt nicht drin.“

Jaja, der beste Humor ist immer noch der unfreiwillige, und der Komik, die hinter dem Alltäglichen lauert, ist Ernst Mantel nun schon seit Jahren auf der Spur.

„Ha komm!“ heißt sein neues Soloprogramm, das nun im gut besuchten Renitenztheater in Stuttgart Premiere hatte, und manchmal muss Mantel dabei gar nicht viel übertreiben, um bekannte Situationen zu zwerchfellerschütternden Szenen zuzuspitzen: wie bei den Gesprächen am Check-in-Schalter eines Billigfliegers, dem Arztbesuch eines ungezogenen Bengels mit seinem Opi („Anthony, gib Handabatsch!“) oder den Prahlereien eines neurotischen Viellesers. Am besten ist Mantel aber als Sprachjongleur und Wortakrobat: wenn er sich Eigenarten der schwäbischen Lautbildung vornimmt wie jene, aus „st“ „scht“ zu machen und daraus Wortkaskaden bildet, die sich wie Sturzbäche über das Publikum ergießen („Haschta la vischta, Horscht!“). Oder wenn er in einer nicht minder brillanten Szene eine verunglückte Redewendung auf die andere türmt: „den Iren gibt’s der Herr im Schlaf“. Nicht alles ist freilich neu am neuen Programm: Lieder wie „Scheissabach“ oder „Schwarzwurstring“ zählen schon länger zum Repertoire, manches andere ist dagegen noch so neu, dass es Mantel noch vom Blatt liest. Aber was soll´s: man kann ja nicht alles auf die lange Schulter schieben. (StZ)

Eine weitere Aufführung im Renitenztheater am 28.November

 

 

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