Beiträge im Archiv Februar 2013

Das Eastern Ensemble will türkische Kunstmusik näherbringen

28.
Feb.
2013

Im interkulturellen Austausch

Es gibt Sätze, die bereut man sofort, nachdem man sie ausgesprochen hat. Für mich klängen die eben gespielten Stücke alle irgendwie ähnlich, bekenne ich gegenüber Ahmet Gül, dem Gründer und Sänger des Eastern Ensembles nach dessen Konzert in der Bachakademie. Worauf mich dieser ungläubig anschaut: „Ach wirklich??“ Der an der Stuttgarter Musikhochschule ausgebildete blinde Sänger, der das Eastern Ensemble im letzten Jahr nach einer bundesweiten Ausschreibung zusammengestellt hat, muss sich merklich zusammenreißen. Vermutlich ist das, als würde man einem Pianisten eröffnen, die Klaviermusik von Bach, Mozart und Schubert klänge gleich.
Nun kann sich, wer in der westlichen Musikkultur aufgewachsen ist, schon etwas schwer tun mit türkischer Musik. Mögen auch die Türken hierzulande in vielen Bereichen weitgehend integriert sein – mit ihrer Musik bleiben sie in der Regel unter sich. Das möchte Ahmet Gül ändern. Sein Ziel ist nicht nur, mit dem Eastern Ensemble in deutschen Konzertreihen aufzutreten. Er möchte auch mit deutschen Musikern zusammenarbeiten, einen interkulturellen Dialog führen: mit der Cellistin Gabriele Starke und der Pianistin Elisabeth Föll wirken auch zwei Deutsche mit beim Eastern Ensemble.
Auch wer wenig davon versteht, kann türkische Musik sofort als solche erkennen, was nicht zuletzt an den Instrumenten liegt. Dazu zählen die Langhalslaute „Tanbur“, „Ud“, die türkische Laute oder die „Kanun“ genannte Zither: Letztere wird mit zwei über die Zeigefinger gestülpten Plektren angeschlagen und hat in der Regel 72 Saiten, wovon drei nebeneinander liegende Saiten auf einen Ton gestimmt sind. Unter jedem dieser Saitenchöre befinden sich mehrere „Mandal“ – Stege, die auf- oder niedergeklappt werden können und somit durch Verkürzen oder Verlängern der Saiten den Ton erhöhen oder erniedrigen. Seinen spezifischen Klangcharakter erhält das Kanun aber durch Pergament: darauf liegt der Steg, über den die Saiten geführt werden.
Sükran Topuz heißt die Virtuosin, die beim Eastern Ensemble das Kanun spielt. Damit fällt ihr eine wichtige Rolle zu. Denn fast immer beginnen die Stücke von Komponisten wie Ebubekir Aga, Kemani Serkiz efendi oder Refik Fersan mit ausgedehten Zithereinleitungen. Auch im Verlauf der Stücke spielt die Zither meist die Melodielinien der Sänger mit oder umspielt sie mit melodischen Arabesken.
Die zehn Sänger für sein Eastern Ensembles hat sich Ahmet Gül aus ganz Deutschland zusammengesucht. Darunter seien, so Gül, die besten Sänger aus den vielen türkischen Amateurchören, die es in Deutschland gebe. Alle 4-8 Wochen trifft man sich zu einer intensiven Probe, die Ensembleleiterin und Vokalsolistin Çiğdem Yarkın, die in der Türkei sehr bekannt ist, reist gar extra zu den Proben aus Instanbul an. Wenn sie singt, begreift man, stärker noch als bei den Chorstücken, was das charakteristischste Merkmal türkischer Musik ist: die Differenziertheit der Melodik.
Denn im Gegensatz zur europäischen Musik, bei der die Oktave in zwölf Halbtöne aufgeteilt ist, gibt es in der türkischen Kunstmusik eine Vielzahl von mikrotonalen Differenzierungen. Jeder einzelne Ganzton kann in sage und schreibe neun Teiltöne (koma) zerlegt werden, aus denen die sogenannten „Makamlar“ gebildet werden, die man mit „Tonart“ übersetzen könnte. Insgesamt gibt es über 500 makamlar in der türkischen Kunstmusik. Darunter solche, die unserem Dur und Moll ähneln, andere die wie Kirchentonarten klingen. Und viele, die für uns irgendwie orientalisch tönen. Im Vergleich zu unserem temperierten Tonsystem ist das eine schier unglaubliche Komplexität – für die man man freilich einen hohen Preis bezahlt. Denn die mikrotonale Vielfalt macht Polyphonie und ein  harmonisches System unmöglich. „Türkische Kunstmusik ist einstimmig“, sagt Ahmet Gül.
Doch zur melodischen Vielfalt kommt die rhythmische. Sieht einfach aus, könnte man denken, wenn man dem Perkussionisten zusieht, der die Rahmentrommel „Bendir“ spielt, aber da täuscht man sich: Das Schlaginstrumentenspiel ist eine hohe Kunst. Die „Usul“ genannten rhythmischen Muster stehen manchmal in Takten wie 14/8, 5/8 oder 9/8, dazu kommen komplizierte Unterscheidungen in Haupt- und Nebenschläge. Gut jedenfalls, dass mir Ahmet Gül eine CD mit den Stücken des Konzerts mitgegeben hat. Und nach ein paar Mal Hören dämmert auch mir, dass hier alle Stück tatsächlich völlig unterschiedlich klingen. Hört man doch eigentlich gleich! (StZ)

Verdis „Nabucco“ an der Staatsoper Stuttgart

26.
Feb.
2013

Babylon sucht den Superherrscher

Der Gefangenenchor! Es gibt wohl keine andere Oper, die im allgemeinen Bewusstsein derart mit einem einzelnen Satz verbunden ist wie Giuseppe Verdis „Nabucco“ mit „Va, pensiero, sull´ali dorate“. Der einstimmige Chor gilt den Italienern als inoffizielle Nationalhymne, und zugegeben: auch Abgebrühte können, wenn sich nach dem pianissimo-Beginn mit dem Aufbrausen des Orchesters die Emphase immer mehr steigert, schon mal von Rückenschauern ergriffen werden.

Nun dürfte der Gefangenenchor wohl selten derart fein und berührend gesungen worden sein wie bei der Premiere von „Nabucco“ in der Staatsoper Stuttgart. Der vielfach ausgezeichnete Staatsopernchor ist so etwas wie die Stütze des Stuttgarter Ensembles – was besonders dann ins Gewicht fällt, wenn es, wie im Falle des „Nabucco“, um ausgesprochene Choropern geht. Für die Neuinszenierung hat man den 29-jährigen Salzburger Rudolf Frey engagiert, der sich bisher vor allem als Schauspielregisseur einen Namen gemacht hat. Da er der einzige Gastregisseur in der laufenden Saison ist – bekanntlich ist man in Stuttgart dem Ensemblegedanken verpflichtet und holt nur ausnahmsweise externe Regisseure ans Haus – waren die Erwartungen hoch. Umso ernüchternder fällt das Resumee aus: einen derart bemühten und unsinnlichen Opernabend hat man in Stuttgart lange nicht erlebt. Nun ist der Nabucco eine harte Nuss für Regisseure. Verdi hat in seinem ersten großen Erfolgsstück die vier Akte weniger in dramatische Handlungsstränge eingebunden, sondern eher als statische Tableaus komponiert, statt auf psychologische Entwicklung setzt er vor allem auf die affektive Kraft seiner Musik, die nicht immer leicht szenisch zu beglaubigen ist.

Rudolf Frey hat nun versucht, das Stück aus seinem alttestamentarischen Kontext zu lösen, indem er auf konkrete bildnerische Verweise weitgehend verzichtet: außer Nabucco, der in einer Art Militäruniform auftritt, tragen alle Alltagskleidung, der gesamte erste Akt spielt auf komplett leerer Bühne. Es gelingt ihm aber nicht, diese Leerstellen schlüssig zu füllen. Zwar wird der Chor, der in Form von Juden und Assyrern fast ständig auf der Bühne ist, permanent beschäftigt. Schon zur Ouvertüre rennen die Choristen wie aufgescheuchte Hühner über die Bühne (Unheil droht!), dann stellen sich alle mit den Gesichtern zur Wand auf, um darauf Choreografien aufzuführen, deren Sinn sich nicht so recht erschließt. Nein, allzuvieles in dieser Inszenierung wirkt irgendwie papieren, ertüftelt, einschließlich der Gesellschaftskritik: Besiegt werden die Juden nicht mit kriegerischen Mitteln, sondern mittels Bling-Bling – beglückt sammelt das Volk die glitzenden, vom Schnürboden herabsegelnden Pailletten. Und die machthungrige Abigail tritt in einer Art Varietédekoration auf: Babylon sucht den Superherrscher.

Auch das sängerische Niveau ist durchwachsen. Am überzeugendsten, nämlich rund timbriert und belcantistisch phrasierend singt Sebastian Catana (Nabucco), mit Abstrichen gilt das auch für Atalla Ayan (Ismaele) und den etwas knurrigen Liang Li (Zaccaria). Catherine Fosters (Abigaille) Sopran besitzt dramatisches Potential, wird aber in der Höhe schrill und unsauber. Und auch die gehemmt wirkende Diana Haller (Fenena) bleibt an diesem Premierenabend hinter ihren Möglichkeiten zurück. Zum Glück gibt es neben dem grandiosen Chor noch das bestens disponierte Staatsorchester. Giuliano Carella am Pult dirigiert Verdis mitunter formelhafte, aber energetisch ungemein aufgeladene Musik mit Eleganz und Verve und versucht dabei gar nicht erst, die Rohheiten der Partitur zu glätten. Dafür lohnt sich der Abend dann doch. (Südkurier)

Viele weitere Aufführungen ab 01. März

Das Radiosinfonie-Orchester Stuttgart des SWR unter Antoni Wit

22.
Feb.
2013

Politische Musik

Es ist fast unmöglich, das Cellokonzert des polnischen Komponisten Witold Lutoslawskis nicht politisch zu hören. Zu offensichtlich wird hier das Verhältnis von Individuum und Masse, bzw. Staat musikalisch verhandelt, als dass man das Stück als autonome Musik auffassen könnte.

Der Solist Johannes Moser beginnt beim sechsten Abokonzert des RSO im Beethovensaal quasi frei präludierend: als experimentiere er ein bisschen mit seinem Instrument, spielt er mit Motiven, probiert ein paar Figurationen aus und lässt, quasi scherzando, seine Finger über das Griffbrett rutschen. Ein spielender, demnach freier Mensch, wie Schiller ihn definiert hat. Doch dann fährt, als Symbol der Ordnungsmacht, ein scharfer Trompeteneinwurf herein, der dem Treiben jäh ein Ende macht. Geradezu schulbuchhaft hat Lutoslawski im weiteren Verlauf des Stückes die Kommunikation zwischen dem Einzelnen und dem Kollektiv in allen Erscheinungsformen zwischen Unterdrückung, Protest und Resignation durchdekliniert: mal jault das Cello, gepeinigt von Schlagzeugsalven, schmerzvoll auf, mal singt es unisono mit dem Orchester die Melodie mit. Einandermal äfft es ein Orchestermotiv keck nach, um sich am Ende, nachdem es sich nach Kräften verausgabt hat, zu einer letzten Geste der Auflehnung aufzuschwingen. Die Hölle, das sind die anderen. Verständlicher war moderne Musik selten als in dieser Aufführung, was auch an der plastischen Wiedergabe durch den formidablen Solisten Johannes Moser und die von Antoni Wit geleiteten Radiosinfoniker lag.

Der polnischen Herkunft des Gastdirigenten war möglicherweise auch die Wahl des Anfangsstücks geschuldet: Zygmunt Noskowskis sinfonische Dichtung „Die Steppe“. Keine Schande, das nicht zu kennen, und auch keine, es nach dem Hören schnell wieder zu vergessen: ein auf Effekt angelegter Schinken bar jeder kompositorischen Originalität, bei dem sogar das RSO seine übliche Akkuratesse im Zusammenspiel etwas vermissen ließ. Sei´s drum.

Ohne dieses Stück freilich wäre es ein anspruchsvolles wie stringentes Programm gewesen, denn auch Prokofjews fünfte Sinfonie erschließt sich ohne die politischen Umstände ihrer Entstehung nicht ganz. 1945, gegen Ende des Krieges wurde sie in Moskau uraufgeführt, und es gibt Stellen darin, die man kaum anders hören denn als Artilleriefeuer, einschlagende Bomben und splitternde Granaten. Das ist freilich nicht alles. Denn neben der Gewalt, die hier in Form martialischen Schlagwerks erscheint, gibt es Passagen von geradezu tänzerischer Eleganz, mit subtilsten Holzbläsersätzen und duftenden Streichern. Ein vielschichtiges Werk mit extremen Kontrasten, die Antoni Wit deutlich herausarbeitete, den Fokus dabei mehr auf präzise Rhythmik denn auf klangfarbliche Feinabstimmung legend. Beiindruckend war es allemal. (StZ)

Elgars Violinkonzert mit Catherine Manoukian und der Staatskapelle Weimar

22.
Feb.
2013

Wie auf Händen getragen

catherine_manoukian__stefan_solyom__staatskapelle_weimar-elgar_aEine Geschichte, fast zu schön, um wahr zu sein: Eigentlich wollte Stefan Solyom, der GMD der Staatskapelle Weimar, die kanadische Geigerin Catherine Manoukian für ein Prokofjew-Projekt verpflichten. Die allerdings plädierte derart nachdrücklich für das Violinkonzert von Edwar Elgar, dass Solyom schließlich nachgab. Während der gemeinsamen Arbeit merkten Dirigent und Geigerin dann, dass sie nicht nur musikalisch harmonieren: kurze Zeit später waren sie verheiratet.
Die Aufzeichnung des Konzerts aus der Weimarhalle jedenfalls ist nun als CD erschienen, und selbst wenn es kitschig klingen mag – dass sich Dirigent und Geigerin emotional zugetan sind, meint man tatsächlich hören zu können. Denn Stefan Solyom trägt die hierzulande noch wenig bekannte Catherine Manoukian wie auf Händen über die Klippen dieses quasi-sinfonischen Riesenwerks. Das 50 Minuten lange Violinkonzert klingt wie ein Abgesang auf die Spätromantik: Von den Turbulenzen der einbrechenden Moderne noch nicht tangiert, entfaltet das 1910 von Fritz Kreisler als Solisten und dem Komponisten am Pult uraufgeführte Werk ein herbstliches, quasi-brahmssches Melos. Dazu kommen eine kräftige Prise imperialer Pomp und blühende Kantilenen. Das kann ein Fest für einen Solisten sein – sofern der die nötige technische und gestalterische Souveränität mitbringt. Wie Catherine Manoukian. Mit ihrem samten schimmernden, tragenden Ton, der perfekt zum ebenfalls eher dunkel timbrierten Klang der Weimarer Staatskapelle passt, spielt sie sich virtuos und mit viel Formgefühl durch die ornamentalen Wucherungen des Stücks: was Elgar allein im knapp 20-minütigen dritten Satz an Material aufbietet, würde anderen Komponisten für ein ganzes Konzert reichen. Dabei verlieren Dirigent wie Solistin in Elgars melodischen Abschweifungen nie den großen Bogen aus dem Blick: die Spannung ist bei dieser auch klangtechnisch gut gelungenen Live-Aufnahme fast mit Händen zu greifen.

Edwar Elgar: Violinkonzert h-Moll op. 61. Catherine Manoukian, Staatskapelle Weimar, Ltg. Stefan Solyom. Berlin Classics 0300429BC. 1 CD.

Das Quatuor Ebène in Stuttgart

15.
Feb.
2013

Das muss man sich erst mal trauen: Nein, verkündigte das Quatuor Ebène dem enthusiasmierten Publikum im Mozartsaal, es gebe nun leider keine Zugabe. Und fragte sinngemäß, was man denn Beethovens op. 132 noch spielen solle? Wer Lust auf mehr habe, den erwarte man gerne am CD-Stand im Foyer. Das ist mutig, und künstlerisch konsequent ist es auch. Es gibt Werke – und die späten Beethoven-Quartette gehören sicher dazu – nach denen erst mal alles gesagt ist. Jede Dreingabe wäre da ein unnötiger (und unpassender) Kommentar.
Das Quatuor Ebène ist dasjenige unter den jungen Streichquartetten, das wahrscheinlich die steilste Karriere in den letzten Jahren hingelegt hat. Ihre Konzerte werden ebenso einhellig bejubelt wie ihre Einspielungen, und das ist kein Wunder – denn die jungen Franzosen spielen mit einer technischen Brillanz und emotionalen Hingabe, die mitreißend ist.
Doch das ist nicht alles. Zu Beginn ihres Abends innerhalb des Kammermusikzyklus der SKS Russ musizierte das Quartett Mozarts Divertimento B-Dur KV 137, das Mozart als 16-Jähriger komponiert hat. Ein Stück von eher schlichter Faktur, das, von einem weniger begabten Ensemble gespielt, leicht ins Gefällig-Unverbindliche abgleiten könnte. Nicht so beim Quatuor Ebène. Die Musiker begnügen sich nicht damit, einfach schön zu phrasieren: ihr Mozartspiel ist von einer nachgerade emphatischen Klanglichkeit, mit berückenden Chiaroscuro-Beleuchtungen der harmonischen Verläufe und enormer Ausdrucksintensität.
Ein aufgeladener Tonfall, der nochmals deutlich gesteigert schien in Mendelssohns Streichquartett Nr. 2 a-Moll: welche Vielfalt an klanglichen Abschattierungen allein in der Adagio-Einleitung! Wer verstehen will, was romantisches Sehnen, Drängen ist, muss hier nur dem Singen der ersten Violine lauschen, doch auch die Entwicklung der Fuge gestalten die Franzosen mit großem Atem und Formgefühl. Ja, das ist alles so beängstigend perfekt, dass man fast froh ist, wenn im Intermezzo die ansonsten bestechende Intonation mal ein wenig entgleitet. Das finale Presto huscht dann vorbei wie ein kurzer, intensiver Rausch.
Erst in Beethovens a-Moll-Quartett op. 132 wird dann deutlich, dass auch das Quatuor Ebène (noch) nicht alles kann. An Beethovens Spätwerk arbeiten sich manche Interpreten ein Leben lang ab – zu vielschichtig sind diese Werke, als dass sie mit perfekter Technik und Musikalität allein zu bewältigen wären. Wenn es – wie auch im a-Moll-Quartett – darum geht, motivische Entwicklungen über eine größere Distanz zu gestalten, wenn die Ausdruckscharaktere schwerer fassbar sind, kommt die von Emphase und Expressivität dominierte Spielweise des Quatuor Ebène an ihre Grenzen. Vieles ist auch hier auf fesselnde Weise gelungen, einen kohärenten Gesamteindruck hinterlässt ihr Spiel aber nicht. Noch nicht. (StZ)

Eclat Festival Stuttgart 2013 Abschlusskonzert

11.
Feb.
2013

Nichts geht über Lachenmann

Gerade setzten die Streicher des Arditti Quartetts zum finalen Unisono in Wolfgang Rihms neuem Streichquintett an, da tüdeldüdelte er herein, wie ein vorlauter Einwurf aus der klassisch-romantischen Gegenwelt: ein Peer-Gynt-Handyklingelton. Als Abschluss des diesjährigen Eclat-Festivals war das eine Pointe, wie sie wohl John Cage gefallen hätte: schwang doch für den Zen-Dialektiker im Yin ebenso immer das Yang mit wie im Zeitgenössischen die Tradition latent präsent ist. Auf diese bezieht sich auch Rihm in seinem Streichquintett „Epilog“: Es beginnt mit jenem C-Dur-Akkord, mit dem Schuberts großes Vorbild endet. In seiner Auftragskomposition für Eclat evoziert Rihm mit schillernden Akkordflächen zunächst eine traumhaft-surreale Atmosphäre. Alsbald aber wird die zarte Textur von jenen Pizzicati zerlöchert, die sich die beiden Cellisten – Jean Guihen Queyras ergänzte das Arditti Quartett als Gast – zuwerfen. Auf dem Höhepunkt expressiver Verdichtung nimmt das Stück den Gestus des Anfangs wieder auf. Ein solide gemachtes Werk und ein standesgemäßer Abschluss für die Ägide Hans-Peter Jahns, der nach 30 Jahren die Leitung des Eclat-Festivals an Björn Gottstein und Christine Fischer abgibt.

Den Höhepunkt des Abschlusstages bildete gleichwohl ein Werk von Rihms kompositorischem Antipoden: Helmut Lachenmann. „Concertini“, 2005 uraufgeführt, kann durchaus als eine Art opus summum des Altmeisters betrachtet werden. Zwei aus dem RSO gebildete, vom kurzfristig eingesprungenden Matthias Herrmann gut koordinierte Ensembles waren dazu auf der Bühne und hinter den Zuhörern im T1 des Theaterhauses platziert – Raumklangmöglichkeiten, die Lachenmann in diesem Werk ebenso konsequent nutzt wie das Klangpotential der Instrumente, das er wahrscheinlich eingehender erforscht hat als jeder andere Komponist. Dabei geht er für die „Concertini“ weit über jene negative Ästhetik hinaus, mit der er einst „affirmative“ Klänge weitgehend ausgeschlossen hat. Streicher dürfen das tun, was ihre Bezeichnung vorgibt, Bläser ebenso, und auch die in „Salut für Caudwell“ noch ausschließlich auf Schaben, Schnarren und Schlagen reduzierte Gitarre darf sich hier in einer nachgerade virtuosen Kadenz austoben. Gefällig sind die Concertini dennoch nicht. Zwar bezieht Lachenmann auch so etwas wie Tonhöhenstrukturen mit ein, von Melos aber ist das weit entfernt. Die Differenziertheit, mit der dieses gewaltige, allenfalls ein wenig zu lange Werk die Übergangszustände zwischen Geräusch und Ton ausleuchtet und dabei immer neue, überraschende Möglichkeiten klanglicher Kombinatorik eröffnet, ist trotzdem überwältigend.

In dem Konzert am Sonntagnachmittag konnte man zuvor ein Panorama zeitgenössischen Komponierens hören: etwas überambitioniert Josep Sanz´ Versuch einer Dekonstruktion des Musters Klavierkonzert, nachhaltig fesselnd dafür Natalia Gaviolas introspektives Duo für Cello und Akkordeon mit Jean-Guihen Queyras und Teodoro Anzellotti als kongenialen Interpreten. Dazu ein etwas altmeisterlich anmutendes Quasi-Cellokonzert von Manuel Hidalgo und – wie eine Insel der Kontemplation inmitten all der Klangwogen – Martin Smolkas Akkordeonstück „Lamento metodico“. Das klang fast wie Arvo Pärt. (StZ)

Klingender Strom

11.
Feb.
2013

GigaWatt_LC-2(MK2)

Kann Strom klingen?

Noch vor einigen Jahren erschien es vielen zweifelhaft, dass Signalkabel einen Einfluss auf den Klang haben können. Mittlerweile ist das common sense, ständig drängen neue Hersteller von Kabeln auf den ohnehin schon unübersichtlichen Markt. Dass die Stromversorgung klanglich irgendetwas bewirken sollen, erschien mir selber früher doch sehr unwahrscheinlich. Wie soll das denn auch gehen? Da läuft der Strom ein paar hundert Meter durch irgendwelche Standardinstallationen, und ausgerechnet der letzte Meter zwischen Steckdose und Gerätebuchse soll da irgendwas reißen?

Erster Schritt: Stromaufbereitung

Nun, ich musst auch in dieser Hinsicht dazulernen. Ein nicht von der Hand zu weisender Gedanke in diesem Zusammenhang scheint mir, dass letzlich auch das Musiksignal aus dem Hausstrom generiert wird – und der ist bekanntermaßen alles andere als sauber. Industrie, Verbaucher, Computer, Lampen – alles streut seine Störungen ins Netz ein. Der erste Schritt (während meiner Accuphase-Ära) bestand bei mir also darin, mir einen – logisch – Accuphase PS-500 als Stromaufbereiter für meine Quellgeräte zuzulegen. Ich wollte mich auf die Netzkabeldiskussion nicht groß einlassen und dachte, mit dem auf dem Gebrauchtmarkt günstig erworbenen Gerät alle Stromprobleme gelöst zu haben. Den verunreinigten Hausstrom verwandelte der PS-500 (später ein  PS-500V) in reinen Sinus, der die empfindlichen Quellgerätenachhaltig  erfreut. Die Wirkung bestätigte der Hörvergleich: nach dem Umstecken der Netzkabel vom PS-500 an die Steckerleiste verliert der Klang deutlich an Auflösung und Feinheit. So weit, so gut.

Accuphase PS-500V

Nun konnte ich meine monströsen M-2000  Monoblöcke aufgrund der eingeschränkten Leistung des PS-500V da nicht anschließen, sodass diese einige Zeit an zwei günstigen Vovox-Kabeln direkt an der Netzleiste hingen.

Netzkabel

Auf Rat eines britischen Händlers, über den ich die Monos erwarb, probierte ich dann doch mal die Netzkabel LC-2 der polnischen Firma Gigawatt. Ehrlich: ich war entschlossen, die Dinger anzuschließen und dann mit einem „Hab´s ja gleich gewusst, dass das nichts ausmachen kann“-Gefühl des Bestätigtseins wieder zurückzuschicken. War aber nicht so. Es gab einen mehr als deutlichen Unterschied, den ich partout nicht erwartet hatte und der sich auch mit mehrmaligem Umstecken immer wieder verifizieren ließ. Ich würde es so ausdrücken: der Klang war einfach sauberer. Hörbar vor allem bei Stimmen, die plötzlich weniger belegt erschienen, aber auch Instrumente waren fester umrissen, insgesamt war eine leichte Körnigkeit im Klang einfach wegpoliert. Hören kann das, würde ich behaupten, jeder. So ein Gigawatt-Kabel kostet an die 500 Euro, was in der Tat ein Batzen ist. Andererseits kann man für eine entsprechende Klangverbesserung auf der Geräteseite leicht viel mehr ausgeben.

Netzleisten

Danach war ich etwas irritiert, und so war der nächste Schritt der Austausch meiner Netzleiste. Die war keine Baumarktleiste, ich hatte das augenscheinlich solide gemachte Teil vor einigen Jahren bei einem Hifi-Versender günstig erworben. Da mir die Firma Vovox sympathisch ist und deren Produkte auch in der (gegenüber Voodoo grundsätzlich extrem kritisch eingestelllten) Studiozene weite Verbreitung haben, bestellte ich mir eine Vovox Textura Netzleiste samt Kabel. Auch da hatte ich eigentlich keine Erwartungen, ich hatte auch mit dem Händler ein Rückgaberecht vereinbart, aber auch hier war die Verbesserung sofort hörbar: der Klang war, ja, schneller, dynamischer, konturierter.

Soweit der Stand bis zum Anfang Februar des Jahres 2013. Nachdem ich über die Wichtigkeit der Stromversorgung immer wieder von kompetenter Seite gehört und gelesen hatte, wollte ich dann aber das Thema Netzleiste einer genaueren Prüfung unterziehen und in diesem Zusammenhang auch nochmal die Verbindungen zwischen Stromaufbereiter und Quellgeräten checken. Zu diesem Zweck probierte ich zwei Netzleisten der Firma  Gigawatt, die PF-1 und die PF-2 zum Test, dazu drei Netzkabel LC-1. Diese haben einen etwas dünneren Querschnitt als die sehr massiven LC-2, die ich für die Endstufen verwende. Für die Quellgeräte sollten sie aber allemal ausreichen.

Was dann passierte, überstieg meine Vorstellungen.

Denn schon der Anschluss der PF-1 Leiste (und eines LC-2 als Netzzuleitung) ließ meine Anlage aufspielen, wie ich sie noch nicht gehört hatte, ja, ich hatte noch nicht einmal eine Vorstellung davon, dass dieses Potential in ihr steckt. Als hätte man gleich mehrere Filter aufgedreht, nahmen Dynamik und Größe der Darstellung dramatisch zu. Ein Quervergleich mit meiner Vovox Leiste bestätigte den Befund: dieses doch recht renommierte Teil hatte der Musik offenbar regelrecht den Hals zugeschnürt. Ja, selbst wenn ich nur das LC-2 Netzkabel der PF-1 gegen das Vovox Textura tauschte, fiel der Klang regelrecht zusammen. (Als Musik hörte ich übrigens  CDs aus der sensationellen Living Stereo-Reihe, die es seit einiger Zeit gesammelt für einen unfassbar niedrigen Preis gibt: 60 CDs für gut 70 Euro, darunter legendäre Aufnahmen der 50er und 60er Jahre in allerbester Qualität, die klanglich vieles aus der Digitalära toppen. Aber das nur nebenbei…)  Dazu kommt, dass die Gigawatt PF-1 preislich auf dem Niveau der Vovox Textura Leiste liegt, beide kosten ohne Netzzuleitung um die 400 Euro. Aber der klangliche Unterschied ist beträchtlich.

GigaWatt_PF1

Gigawatt PF-1

Die Vovox Leiste war also aus dem Rennen, aber nun war ich gespannt, ob die deutlich teurere PF-2 noch eine Schippe würde drauflegen können. Vorher aber wechselte ich noch die Kabel zwischen Accuphase PS-500V und Vorstufe, bzw. CD-Player. Die waren bisher mit 2 Kimber PK-10 verbunden, die ich mal günstig erworben hatte. Und auch hier war der Klanggewinn deutlich: nicht so eklatant wie bei der Netzleiste, aber Stabilität und Dynamik legten auf jeden Fall zu, beim Gegencheck mit den Kimber Kabeln klang es vergleichsweise verwaschen. Ein ähnliches Bild ergab sich beim Wechsel des Zuleitungskabels zum PS-500V. Zuvor hing hier ein billiges Vovox Initio  (was soll das an dieser Stelle schon ausmachen, dachte ich immer, der Stromaufbereiter macht doch erst den Strom) aber auch war sofort zu hören.

Dann schloss ich also die PF-2 an, die eine aufwendigere Filterung besitzt und über noch massivere Stromschienen verfügt als das kleinere Modell. Der Unterschied war subtiler. Ich hörte mit beiden Leisten abwechselnd verschiedene CDs und SACDs, und nach einigen Hörstunden, bei einer Aufnahme mit der Jazzsängerin Ida Sand, bekam ich die Sache dann auf den Punkt. Mit der PF-2 klang ihre Stimme definierter, klarer umrissen, auch schien mir die PF-2 komplexe Musikpassagen besser aufzulösen. Eine Empfehlung sind beide Netzleisten aber auf jeden Fall.

Gigawatt PF-2

Gigawatt PF-2

Ich war nach dieser Erfahrung gleichermaßen beglückt und schockiert. Beglückt über den Zugewinn an klanglichem Realismus, der sich mit dem Wechsel von Komponenten, wenn überhaupt, nur unter Einsatz von irrsinnigen Summen erreichen ließe. Schockiert darüber, welchen Einfluss die Stromversorgung auf das klangliche Resultat hat. Ich kann nur jedem Audiophilen raten, sich damit eingehend auseinanderzusetzen. Wer meint, Defizite bei seiner Anlage zu haben, sollte damit anfangen und nicht gleich einen neuen Verstärker oder neue Boxen kaufen. Möglicherweise liegt da nicht das Problem. Natürlich darf man die anderen Kabel auch nicht vergessen.

Ich habe dann lange keinen Stromaufbereiter, bzw. „Power conditioner“ mehr verwendet. Das lag daran, dass der Accuphase PS-500 in meiner aktuellen Konstellation mit New Audio Frontiers, bzw. der TIDAL-Vorstufe eindeutig verfizierbare Dynamikeinbußen mit sich brachte. Stattdessen habe ich weitere deutliche Verbesserungen mit dem Upgrade der Gigawatt-Netzkabel erreichen können. Dabei ist vor allem das neue Modell LC-3 zu erwähnen (990.-), an dem nun die NAF-Monoblöcke hängen, das nochmal eine erhebliche Steigerung zum schon sehr guten LC-2 bedeutet.

GigaWatt PC-3-SE

GigaWatt PC-3-SE

Irgendwann war es dann soweit, dass ich mir den Gigawatt Power conditioner PC-3 SE zum Testen holte – und wieder hatte ich eine dramatische Steigerung zur PF-2 eigentlich nicht erwartet. Aber leider (wenn man an den Geldbeutel denkt) brachte auch dieser Schritt wieder einen mehr als deutlichen Fortschritt in Richtung Definition: das Klangbild gewinnt nochmal deutlich an Ruhe, der Hintergrund ist „schwärzer“, die Musik fließt einfach selbstverständlicher – gar nicht einfach, das in Worten auszudrücken. Und da die Power conditioner von Gigawatt im Gegensatz zu den meisten anderen passive Konzepte sind, behindern sie auch den Stromfluss nicht. Es gibt also keine Dynamikverluste.
Ja, und an der PC-3SE hängt jetzt sogar das teure LS-1 Referenznetzkabel von Gigawatt, das auch das LC-3 hier nochmal deutlich in die Schranken weist. Damit ist das Thema Stromversorgung jetzt erst mal erledigt. Hoffentlich…;-)

Was sonst noch machbar ist

Vor der Fertigstellung unseres Hauses habe ich vom Elektriker noch einige Sachen einbauen lassen. Im Sicherungskasten sitzt ein Klangmodul der Firma AHP, die Anlage verfügt über einen separaten Stromkreis, die Netzleiste ist mit einer Furutech-Dose ans Stromnetz angeschlossen. Das kostet alles nicht viel, zu hören ist es aber deutlich: ich habe mal probehalber die Netzleiste an eine andere Dose angeschlossen, mit gleicher Phasenlage natürlich, und der Klangunterschied ist genauso zu beschreiben wie beim Tausch der Netzleiste: als hätte man eine angezogene Handbremse gelöst, floss die Musik einfach leichter, dynamischer, mit präsenterem Bass. Was den Unterschied jetzt wirklich ausmacht – Klangmodul? Stromkreis? Steckdose? ist schwer festzumachen, alles zusammen bewirkt auf jeden Fall eine deutliche Verbesserung – und das für vergleichsweise wenig Geld.

Wichtig: Da ich seit Ende 2013, mein eigenes Wohnraumstudio concert audio betreibe und damit eine Vermischung von privaten mit geschäftlichen Interessen nicht auszuschließen ist, habe ich mich daher entschlossen, diesen privaten Audiophilie-Blog ab 2014 auf allgemeine Themen zu beschränken, d.h. es gibt von mir keine weiteren Beiträge über Produkte mehr  – diese stehen ab jetzt auf meinem Blog auf concert audio.
Kommentare von Lesern können natürlich weiterhin gepostet werden.

Max Goldt liest im Theaterhaus Stuttgart

04.
Feb.
2013

Empfindlicher Einmischer

Dann wollen wir mal abwarten, ob er recht hat – falls wir dann noch leben. In zwanzig Jahren, so prophezeite Max Goldt bei seiner Lesung im voll besetzten T2 des Theaterhauses, werde sie nämlich verschwunden sein, die Jeans. Und über ihn, also Goldt, würde man dann sagen: der hat´s gewusst! Goldt, der selber in dunkler Stoffhose, mit weißem, offenem Hemd und Jackett auf die Bühne kommt, mag also keine Jeans – vor allem dann nicht, wenn sie ausgebeult sind, was man ja durchaus verstehen kann. Wie Goldt überhaupt vieles nicht mag: Weinconnaisseure, Frauen mit Jennifer-Aniston-Frisuren, Menschen mit Sonnenbrillen, die auch noch schlechte Zähne haben. Besonders aufregen kann er sich aber über Winters im Freien rauchende, vor Kälte bibbernde Frauen. Dieses Verhalten nämlich, so Goldt, sei der eigentliche Grund dafür, dass diese Frauen keine Karriere machten – schließlich sehe man niemals im Freien rauchende Chefinnen, und bibbernde schon gar nicht. Ob das wirklich stimmt?

Ungefähr im Jahresabstand bringt Max Goldt ein frisches Bändchen mit kulturkritischen Betrachtungen heraus: „Die Chefin verzichtet“ heißt das aktuelle, aus dem er im Theaterhaus vorwiegend liest. Unter den Texten ist auch ein kurzer, böser über jene Person, die Goldt offenbar am allerwenigsten mag: Günter Grass. Dem sei er schon mehrmals im ICE zwischen Hamburg und Berlin begegnet, und er sehe genauso aus wie auf den Fotos, wenn er mal wieder eine „Einmischung“ vollbracht habe – ein „one face guy“, grantig und selbstgerecht. Überhaupt sei Grass einer der schamlosesten Menschen, die jemals gelebt haben – außer für die Leser der ZEIT, für die sei er ein Idol. Diese im Allgemeinen wohlangesehene Wochenzeitung beschimpft er als „indezenten Papierhaufen“, und spätestens an dieser Stelle kommt man ins Grübeln. Denn ist nicht auch Max Goldt ein berufsmäßiger Einmischer, der sich in seinen Texten über allerlei Missstände unserer Gesellschaft echauffiert – angefangen von inkompetenten Hotelangestellten über verwechselbare Talkshowformate bis zu jener sprachlichen Verwahrlosung, die er überall aufstöbert? Freilich finden Grass´ „Einmischungen“ ein weitaus größeres publizistisches Echo. Ob das Goldts völlig unangemessene Wut auf den Schriftsteller zumindest teilweise erklärt? Und vielleicht hängt ja auch die Herabsetzung der ZEIT damit zusammen, dass dieser „Papierhaufen“, immerhin eine journalistische Instanz des Bildungsbürgertums, gerade ihm, dem Essayisten, Kultur- und Sprachkritiker Goldt kein Forum bietet. Selbst wenn immer mal wieder im Zeitmagazin „Katz und Goldt“-Comics erscheinen.

Aus Sicht der ZEIT könnte man das durchaus nachvollziehen. Zugegeben, manche von Goldts Sottisen über weibliche Kreischstimmen, ungezogene Jugendliche und charmefreie Zeitgenossen sind treffend. Aber man kann seine verzwirbelte, gespreizte Sprache und die sich in Abschweifungen verlierenden Sentenzen auch nervig finden – spezielle jene altstudienrathaften, gestelzten Formulierungen, die an Loriot erinnern. Was bei diesem sprachlicher Ausdruck einer konzisen ironischen Haltung ist, wird bei Goldt durch eine latente Dauerflapsigkeit konterkariert, die das Ganze leicht etwas schwurbelig erscheinen lässt.

Als Vorleser beginnt Max Goldt zunächst eher zurückhaltend. Nach der Pause, als auch das Publikum allmählich auftaut, kommt er aber mehr und mehr in Fahrt, moduliert seinen Tonfall stärker und unterstreicht die Pointen – so es sie gibt. Denn, auch das kann man beklagen: viele seiner Texte haben keinen zündenden Schluss, versanden einfach. Harald Martenstein oder Harry Rowohlt machen das besser. Vielleicht schreiben sie deshalb auch für die ZEIT. (StZ)

Furutech Disc Demagnetizer RD-2

02.
Feb.
2013
Furutech RD-2

Furutech RD-2

Eigentlich war er schon verkauft, und das kam so: Ich hatte den Furutech RD-2 günstig gebraucht erworben und dann einen Versuch mit dem schon beim AHP-Klangtuch bewährten Blindtestverfahren unternommen: 2 identische SACDs („Dark Side of the Moon“ von Pink Floyd) markiert, eine davon in den Furutech und dann beide gemischt, sodass ich nicht mehr wusste, welche ich nun in der Hand hatte. Davor hatte ich beide CDs auch mit dem Klangtuch behandelt, um auszuschließen, dass es sich um ähnliche Effekte handelt. Dann die CDs abwechselnd in den Player – doch auch nach mehrfachem Austauschen der CDs hörte ich keinerlei Unterschiede. OK, dachte ich, auch gut. Schließlich ist das Prozedere mit Einlegen und 30 Sekunden warten ein wenig lästig, und überhaupt, was soll schon groß magnetisch sein bei CDs? Ja, und dann stellte ich ihn in den Audiomarkt, wo sich alsbald die ersten Interessenten meldeten – die offenbar alle überzeugt davon waren. Also wagte ich, nachdem ich einem potentiellen Käufer eigentlich schon zugesagt hatte, noch einen zweiten Versuch mit einer anderen CD, dem Wohltemperierten Clavier von Bach in einer ECM-Aufnahme mit Andras Schiff – die besitze ich nämlich zufälligerweise auch zweimal. Und siehe, bzw. höre da: es gab einen deutlichen, sofort verifierbaren Unterschied nach der Behandlung im Furutech (natürlich hatte ich beide CDs zuvor unbehandelt verglichen und keinen Unterschied bemerkt). Die behandelte, die ich zuverlässig heraushören konnte, klang offener und präsenter, vor allem im Grundtonbereich, ingesamt hatte der Flügel etwas mehr Körper und Substanz. Es scheint nicht mit allen CDs zu funktionieren – aber mit einigen eben schon.

Fazit: Den Furutech Demagnetizer kann man durchaus mal ausprobieren. Gebraucht bekommt man ihn ab etwa 190 Euro, neu kostet der Nachfolger des RD-2, der Acoustic Revive RD-3, um die 500 Euro.

Wichtig: Da ich seit Ende 2013, mein eigenes Wohnraumstudio concert audio betreibe und damit eine Vermischung von privaten mit geschäftlichen Interessen nicht auszuschließen ist, habe ich mich daher entschlossen, diesen privaten Audiophilie-Blog ab 2014 auf allgemeine Themen zu beschränken, d.h. es gibt von mir keine weiteren Beiträge über Produkte mehr  – diese stehen ab jetzt auf meinem Blog auf concert audio.
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