Das erste Abokonzert des Stuttgarter Kammerorchesters im Theaterhaus

21.
Sep.
2014

Manches können Quartette besser

Drei der neun Abokonzerte wird das Stuttgarter Kammerorchester in der neuen Saison im Theaterhaus spielen, wofür es gute Gründe gibt. Denn vermutlich hofft man beim SKO, dass der personellen Verjüngung des Orchesters langfristig auch eine des Publikums folgen wird – und gerade Jüngere dürften sich in der offenen Atmosphäre des Kulturzentrums auf dem Pragsattel deutlich wohler fühlen als im doch etwas piefigen Mozartsaal.
Allerdings bezahlt man dafür einen Preis, der möglichweise zu hoch ist. Mag die Akustik im T1 für große Sinfonieorchester noch einigermaßen tauglich sein, so kommt ein Kammerorchester hier an seine Grenzen. Trocken und matt klingt das SKO in diesem Raum, der die Höhen dämpft und den Klang wenig trägt – wüsste man nicht von anderen Konzerten, welche Fortschritte das Kammerorchester gerade in klanglicher Hinsicht in der letzten Zeit gemacht hat, man würde es kaum glauben.
Insofern hatten es die Musiker an diesem Abend schwer, das Programmmotto adäquat umzusetzen: Um „Das Singen der Streicher“ sollte es gehen, wozu man mit Nils Mönkemeyer einen der besten jungen Bratscher als Solisten verpflichtet hatte. Der zeigte in Telemanns Konzert für Viola und Streicher G-Dur seine Kompetenz auch im barocken Genre. Technisch bravourös, mit behänden Verzierungen und sanft schimmerndem Bratschenklang spielte er sich in guter Abstimmung mit dem Orchester durch die vier immer wieder mit Überraschungen aufwartenden Telemann-Sätze, von denen nur das Largo unter einer gewissen Statik litt – hier übertrieb es der Chefdirigent Matthias Foremny mit barock-kleinteiliger Phrasierung.
Mit Mozarts Divertimento D-Dur KV 155, Puccinis „Crisantemi“ und Verdis e-Moll Quartett standen gleich drei Orchesterbearbeitungen nach Streichquartetten auf dem Programm. Die Versuchung ist groß für Streichorchester, sich aus dem riesigen Quartettrepertoire zu bedienen, doch selten nur bringt das chorische Aufzoomen der puren Vierstimmigkeit einen wirklichen Mehrwert. Auch sehr gute Ensembles können kaum verhindern, dass die empfindliche Ökonomie des Satzes gestört wird und die Klangbalance aus dem Gleichgewicht gerät. Kommen dann, wie an diesem Abend beim SKO, Intonationstrübungen der Violinen dazu, denkt man wehmütig an die Interpretation durch gute Quartette.
So blieb als herausragender Programmpunkt das Konzert für Viola und Kammerorchester des Litauers Vytautas Barkauskas. Wie viele Werken baltischer Komponisten ist auch dieses von einer eher introspektiven, meditativen Grundstimmung, innerhalb derer sich expressive Kantilenen der Viola über einem brüchigen, von Motivsplittern des Cembalos immer wieder dezent aufgerauten Klanggrund erheben. Nils Mönkemeyer spielte das klanglich variabel und mit einer spürbaren persönlichen Identifizierung mit dieser auratischen, nur manchmal ein wenig konventionellen Musik. (StZ)

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