Der Saisonauftakt des Freiburger Barockorchesters in Stuttgart

14.
Okt.
2014

Schwacher Start, starkes Finale

Am Ende wurde alles gut. Beim letzten Stück des Abends, Händels Concerto F-Dur HWV 333 trat das Freiburger Barockorchester im Mozartsaal so auf, wie man es von ihm erwartet (und wie es wohl auch seinem eigenen Anspruch entspricht): rhythmisch aus einem Guss, schlüssig phrasierend, auch technisch weitgehend sauber. Als ein echtes Ensemble, bei dem jeder Musiker mit dem Herzen bei der Sache war. Nun hatte Händel für dieses Werk nichts neu komponiert, sondern einige Preziosen aus seinen Oratorien herausgesucht und sehr geschickt für Orchester eingerichtet – zu spielen dürfte das mehr Spaß gemacht haben als die mitunter sehr formelhaft-konventionellen Sätze der anderen beiden der ingesamt drei „due cori“-Konzerte, bei denen Händel das Orchester, in Anspielung an die venezianische Mehrchörigkeit, in zwei korresponierende Sektionen aufgeteilt hat. Das allein aber erklärt nicht, warum das FBO bei seinem Konzert zum Saisonauftakt in der ersten Programmhälfte über weite Strecken einen derart unkonzentrierten, uninspirierten Eindruck gemacht hat – auch bei dem zwischen die Händelkonzerte geschobenen Concerto-F-Dur RV 569 Vivaldis. Anne Katharina Schreiber spielte dessen Violinsolopart eloquent und mit Verve, aber auch mit einigen intonatorischen Unschärfen. Dazu schien sie sich mit den Bläsersolisten im dritten Satz nicht einig darüber zu sein, welches Tempo nun das passende sei: während die Geige immer wieder davonzog, bremsten die Bläser regelmäßig wieder ab.
Nun bringen historische Blasinstrumente dem Spieler mehr technische Widerstände entgegen als moderne Instrumente – das gilt speziell für Naturhörner, aber auch für Holzblasinstrumente. Trotzdem zeichnet ein erstklassiges Alte-Musik-Ensemble aus, dass diese Widerstände aufgefangen und eingebunden werden in einen konzisen, von einem gemeinsamen rhythmischen Puls getragenen Gesamtklang. Zwar spielten gerade die Oboistinnen des FBO ihre mitunter sehr exponierten Soli mit bewundernswerter Akkuratesse und musikalischer Gestaltungskraft (die Bedeutung von concertare: wettstreiten, war hier durchaus wörtlich zu verstehen), darüber hinaus wirkte aber vieles merkwürdig unorganisch und spannungslos.
Nach der Pause nahm Petra Müllejans, die andere Konzertmeisterin des FBO neben Gottfried von der Goltz, dessen Platz am ersten Pult ein. Und man konnte förmlich zusehen, wie das Orchester nach und nach aus seiner Lethargie erwachte. Schon bei Johann Christoph Schmidts Partie à deux choeurs B-Dur agierte das FBO deutlich homogener, begann sich das bis dahin zerfaserte Spiel zu ordnen. In Vivaldis Concerto F-Dur RV 574 ließen sich dann auch die Solisten von Müllejans´ Impulsen einfangen – wunderbar ausgesungen das Oboensolo im Grave, und geradezu entfesselt das des Solocellisten im abschließenden Allegro. Gottfried von der Goltz setzte als Solist einige geigerische Akzente, wenngleich auch ihm die letzte intonatorische Sicherheit in hohen Lagen fehlte. Im letzten Händelkonzert passte dann – siehe oben – schließlich alles zusammen. Sie können es also doch noch, die Freiburger. „Liebesduell“ ist der Titel ihres nächsten Konzerts am 20. Dezember. (StZ)

Keine Kommentare vorhanden

Sagen Sie Ihre Meinung, schreiben Sie einen Kommentar!

Ich habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden, dass die von mir angegebenen Daten, mit dem Absenden dieses Onlineformulars, zweckgebunden zum Kommentieren elektronisch erhoben und gespeichert werden.