Kristian Bezuidenhout und das Freiburger Barockorchester in Stuttgart

25.
Mrz.
2015

Zarte Klangwelten

Erst 13 Jahre alt war der Spanier Juan Crisòstomo de Arriaga, als er seine Oper (!) „Los esclavos felices“ komponierte, die 1820 in seiner Heimatstadt Bilbao uraufgeführt wurde. Deren Ouvertüre, die das Freiburger Barockorchester nun im Stuttgarter Beethovensaal aufgeführt hat, zeugt in ihrer melodischen Eleganz und ihrem rhythmischen Brio eindrucksvoll vom großen Talent des jungen Spaniers, der, noch nicht 20-jährig, an einer Lungenentzündung starb. Die Auswahl des Stücks dürfte mit dem Dirigenten Pablo Heras-Casado zusammenhängen, der den Abend leitete – und der Höreindruck wäre ein noch stärkerer gewesen, hätte dieser das FBO zu etwas mehr Präzision im Zusammenspiel angehalten: doch ungenaue Einsätze und verschmierte Streicherfigurationen der Streicher trübten das Hörvergnügen nachhaltig.
Wie Heras-Casado zählt auch der Pianist Kristian Bezuidenhout zu den regelmäßigen Partnern der Freiburger. An diesem Abend im dünn besetzten Beethovensaal (auch akustisch wäre der Mozartsaal passender gewesen) spielte der Südafrikaner Beethovens drittes Klavierkonzert – natürlich auf dem Hammerflügel, den ja viele immer noch als unvollkommenen Vorläufer des modernen Konzertflügels belächeln. Bezuidenhout freilich zeigte mittels seiner großartigen Anschlagskunst, in welcher Klangwelt Beethoven und seine Zeitgenossen gelebt und komponiert haben. Es ist eine Welt der eher zarten und transparenten Klänge, in der man Massives, Titanisches gar vergeblich sucht. Bezuidenhout entlockte dem perlmuttfarbenen, leicht verhangenen Klavierton (das Instrument war ein Nachbau eines Conrad Graf-Flügels) ein Füllhorn an klanglichen Abschattierungen. Vor allem im Largo evozierte Bezuidenhout eine Klangwelt, die schon auf Schubert vorausweist – und löste damit das Versprechen des Programmtitels „Morgenröte der Romantik“ auch klingend ein.
Mit Mendelssohns dritter Sinfonie a-Moll, der „Schottischen“, war man dann zwar in der Romantik angekommen. So richtig wohl fühlte man sich dabei gleichwohl nicht, was an dem ruppigen, weitgehend unverblendeten Spaltklang lag, mit dem das FBO hier Mendelssohns Klang gewordene Reiseerinnerungen quasi mit dem Röntgengerät ausleuchtete. Nichts gegen die Parität zwischen Streichern und Bläsern, aber ein klein bisschen mehr Wärme und Substanz von Seiten der Violinen wäre ganz schön gewesen. Und insgesamt etwas mehr Genauigkeit und Struktur in der Gestaltung auch. (StZ)

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