Eliahu Inbal und das RSO Stuttgart mit Bruckners achter Sinfonie

02.
Okt.
2015

Führer durchs Klangmassiv

Man kann sich leicht verlieren in den Dimensionen einer Brucknersinfonie. Mächtig ragen die riesigen Themenblöcke in die (Klang-)Landschaft, gewaltig ist der Sog der lang gezogenen Aufschwünge, die immer wieder in blechgesättigten Klangflächen kulminieren – auf dass sich der Boden gen Himmel hebe. Monumentaleres wurde bis dahin nicht komponiert, und erst ein anderer Gottsucher, Gustav Mahler, hat mit seinen Sinfonien die brucknerschen Dimensionen übertroffen. Die umfangreichste unter Bruckners Sinfonien ist die Achte: mit gut achtzig Minuten ist sie abendfüllend, und so kann man es durchaus als glückliche Fügung betrachten, dass beim ersten Abokonzert des Radio-Sinfonieorchesters Stuttgart des SWR das annoncierte Bartók-Klavierkonzert aufgrund einer Erkrankung des Solisten Yefim Bronfman ausgefallen ist.
Eliahu Inbal darf als kundiger Führer für die sinfonischen Hochgebirge Bruckners gelten. Schon in den 80er Jahren hat er als Chefdirigent des RSO Frankfurt sämtliche Brucknersinfonien eingespielt – darunter auch die Urfassung der Achten, die bis dahin praktisch nicht aufgeführt wurde. Nun kann man gute Gründe sowohl für die erste wie die von Bruckner umgearbeitete Fassung finden – entscheidend ist, ob es der Dirigent vermag, über die weiten Entwicklungsbögen hinweg die Spannung zu halten.
Gut gelang das im ersten Satz. Inbal zeigte sich als Routinier im Disponieren und Aufschichten des Klangmaterials, das in der Urfassung in eine gleißende Akkordfläche mündet – weit über bloßes Pathos hinaus verströmte das auch eine latent beunruhigende Dimenson. Noch schlüssiger wirkte das gewaltige Adagio. Das sehr diszipliniert spielende RSO bestach hier mit einem enorm substantiellen, dunkel grundierten Klang, der dem transzendenten Anspruch dieser Musik ideal entsprach. Im Finale endlich ließ die Dringlichkeit etwas nach, fehlte jenes letzte Quäntchen dramaturgischer Konsequenz, das die finale Steigerung noch eindrücklicher hätte wirken lassen. Dennoch viel Applaus.  (StZ)

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