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Geheimzahl bitte!

01.
Mrz.
2009

Neulich im Restaurant. Der letzte Schluck vom guten Barbera ist weggetrunken, Espresso und Grappa haben ebenfalls noch ihr Plätzchen gefunden. Man winkt dem Ober.

„Zahlen bitte!“ Die Rechnung kommt, man zückt sein Portemonnaie und legt zur Begleichung der Schuld locker eins der bunten Plastikkärtchen aufs Tablett. Die Bedienung dankt und entfernt sich. Und kehrt kurz darauf zurück. Ein ernster Blick. Räuspern.

„Die nehmen wir nicht!“

Die Gespräche am Nachbartisch verstummen. Fremde Blicke mustern uns diskret. „Aber an der Tür steht doch…“ will man schon protestieren, betrachtet aber zuvor noch einmal das beanstandete Objekt. AOK – ihre Gesundheitskasse. „Ach so, ja, Entschuldigung…“

Man muss aber auch verflixt aufpassen. Schließlich sehen die Dinger alle irgendwie ähnlich aus. Und die für die Plastikformate vorgesehenen Fächlein in der Brieftasche müssten eigentlich schon längst wegen Überbelegung vor weiterem Zuwachs geschützt werden. Doch doch von wem?

Mit Kreditinstituten hatte es einmal ganz harmlos angefangen. Wie war man entzückt, als man zum ersten Mal Bares aus einem Automaten zog. Wie fortschrittlich und bequem! Auch die erste Telefonkarte begrüßte man noch freundlich. Doch dann: Telefonkarten, Büchereiausweise, VVS-Jahreskarte, Versicherungskarten, Kundenkarten, Kantinenkarten. Alles musste plötzlich maschinenlesbar sein. Dazu kommen jetzt noch diverse wechselnde Tagesgäste von Parkhäusern, Schwimmbädern oder anderen Institutionen, die sich ebenfalls in der Geldbörse breitzumachen pflegen.

Doch das schlimmste sind die Geheimzahlen. Schon ein Tankstopp kann da ein nervenaufreibendes Unterfangen werden. Da steht man dann an der Kasse, steckt das Kärtchen ins Lesegerät und gibt mutig seine Zahl ein. „Geheimzahl falsch“ meldet trocken das Display. Da fällt´s einem wieder ein. Siedendheiß. Kam nicht kürzlich ein Brief von der Hausbank mit dem Hinweis, dass sich aus technischen Gründen mit der neuen EC-Karte auch die Geheimzahl geändert habe? Wer dann seine Schuld nicht mit Barem begleichen kann, kann nur auf die Milde des Tankwarts hoffen. Oder seine teure Schweizer Uhr als Pfand hinterlegen. Und wenn man gar keine teure Uhr besitzt, vielleicht noch nicht eimal eine Schweizer?

Auch dann gibt es gibt eine Lösung: Verschlüsselungen.

Das ist dann ganz einfach. Also zum Beispiel: Die Geheimzahl minus des Datums seines Hochzeitstages auf der Karte notieren. 3498 minus den vierundzwanzigsten Juni macht….acht minus sechs behalte null… Oder war das plus der Jahreszahl? Oder geteilt durch den Geburtstag der Schwägerin? Geheimzahl bitte!

(Stuttgarter Zeitung)