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Die Jazz Open Stuttgart 2016

17.
Jul.
2016

Weniger Jazz war wohl noch nie bei den Stuttgarter Jazz Open als in diesem Jahr – zumindest was die open air-Hauptbühne vor dem Neuen Schloss anbelangt. Standen dort im Vorjahr mit Gregory Porter und Dianne Reeves noch ausgewiesene Jazzinterpreten, so waren diesmal ausschließlich Vertreter der Pop-und Rockszene zu Gast. Ohne Publikumsmagneten lassen sich solche Festivals kaum mehr finanzieren, denn die Erfahrungen der letzten Jahre haben eines gezeigt: auch in seinen domestizierten Erscheinungsformen ist Jazz nach wie vor keine Musik für die Massen.
Trotzdem darf man die Jazz Open Stuttgart immer noch mit Fug und Recht als Jazzfestival bezeichnen, gab es doch auf kleineren Bühnen ein breites Spektrum an „echten“ Jazzkonzerten. Chick Corea spielte mit seinem Quintett gar im Beethovensaal der Liederhalle vor 2100 Hörern, ein Abend, den man freilich mit gemischten Gefühlen verfolgte. Corea hatte hier ein Ensemble von Spitzenkönnern der amerikanischen Jazzszene versammelt, deren technischer Brillanz zum Trotz alles mehr oder weniger gleich klang. Thema, Soli, Thema, das Ganze befeuert von einem enervierenden Dauergroove. Enttäuschend.
Im Gegensatz dazu zeigte das grandiose Konzert von Coreas ehemaligem Bassisten Avishai Cohen im Sparda Eventcenter, welches Niveau die Formation Jazz-Klaviertrio heute erreicht hat. Hier erlebte man Improvisation im Kollektiv, fesselnd und inspiriert, ein Konzert, das auch von der Nähe zu den Musikern lebte. Noch dichter dran ist man im Jazzclub BIX, der für viele seit Jahren das eigentliche Zentrum der Jazz Open darstellt. Auch hier gab es Jazz auf Weltklasseniveau, der sich auch gern mal jenseits des Mainstreams bewegte. Wie das Quartett der französischen Sängerin Cyrille Aimée, das sehr animierend traditionellen Jazz mit Gipsy-Elementen verbindet und diesen mit zu Herzen gehender Spielfreude präsentierte.
Dagegen wirkte selbst der Auftritt des Altstars Van Morrison reichlich saturiert, selbst wenn sich der 70-Jährige stimmlich nach wie vor in sehr guter Verfassung befindet und mit seinen ebenfalls recht betagten Bandkollegen einen so relaxtes wie inspiriertes Konzert hinlegte. Dazu stimmte der Sound, im Gegensatz zum Konzert von Santana: hier nervte lange der breiige und übersteuerte Klang, den die Techniker erst allmählich in den Griff bekamen. Lange war Konzert deshalb kein Vergnügen, obwohl die Band reichlich Druck machte und Meister Carlos seine Gitarre singen ließ wie eh und je. Doch spätestens bei „Black Magic Woman“ und „Oye como va“ tanzten auch die letzten Zuhörer im ausverkauften Schlosshof. Und alles war gut.

(Mannheimer Morgen)