Messebericht High End 2023
Acht Jahre sind eine lange Zeit, und so lange ist es her, dass ich den letzten Messebericht verfasst habe. Dazwischen lag Corona und der Aufbau meines eigenen kleinen Hifi-Studios, und eigentlich wollte ich vor allem aus Befangenheitsgründen nichts Journalistisches mehr über Hifi schreiben – allerdings hat es mich nach dem Besuch der High End wieder in den Fingern gejuckt: zu viel Interessantes und Bemerkenswertes gab es da zu hören und zu sehen. Hier ein kleiner, wie immer höchst subjektiver Ausschnitt.
TIDAL for Bugatti Royale

Eine Prämisse für diesen Bericht war, über nichts zu schreiben, das ich selber in meinem Studio führe. Und ich beginne gleich mit einer Ausnahme, denn TIDAL ist bekanntlich mein absoluter Favorit, was Lautsprecher anbelangt und bevor ich meine Pianos hergebe, würde ich lieber mein Auto verkaufen. Aber: was auf dem Bild zu sehen ist, werde ich weder jemals selbst besitzen noch verkaufen (schade eigentlich….), vor allem aber ist es so interessant, dass man es für jene, die nicht das Glück hatten es persönlich hören zu können, wenigstens beschreiben sollte.
Zumindest sollte man es versuchen. Denn der Klangeindruck dieses Systems ist schon schwer in Worte zu fassen. Die relevanten Kategorien, mit denen sich Klang definieren lässt wie Auflösung, Bühnenabbildung, Dynamik und Tonalität sind hier in einer Weise auf die Spitze getrieben, die einen beim Hören fast sprachlos macht. Ich habe mit einigen gesprochen, die die exklusiven Vorführungen erlebt haben, und die Statements waren mehr oder weniger Variationen des Satzes „So etwas habe ich noch nie gehört“. Was auch für mich gilt, der die Tidal-Modelle ganz gut kennt. Aber dieses im Grunde sehr reduzierte System – 2 Aktivboxen und ein Controller – treibt die Qualitäten von Tidal vor allem was Dynamik und Bühnenabbildung anbelangt nochmals auf ein neues Level. TIDAL-Chef Jörn Janczak spielte diverse Stücke verschiedener Genres, darunter ein Aufnahme mit Blechbläsern, die derart realistisch im Raum standen, dass man sie fast greifen zu können glaubte. Das komplette Frequenzspektrum von ultratiefen Bässen bis kristallklaren Höhen füllt den Raum, man hört jedes Detail heraus, dabei klingt es auf fast magische Weise schwerelos. Der Abstand zwischen Livekonzert und Reproduktion ist hier auf eine Weise zusammengerückt wie zumindest ich es mir nicht vorstellen konnte.
Was das kostet? Was die Preise für dieses System anbelangt, hält man sich bei Tidal diskret bedeckt, aber eine knappe halbe Million sollte man, Gerüchten zufolge, schon ausgeben können. Viel? Klar. Andererseite gab es auf der High End Anlagen, die mehr kosten und nicht annäherungsweise diese Performance haben.
Ein ausführlicher Bericht, dessen Bewertung ich teile, findet man auf https://parttimeaudiophile.com/2023/05/27/tidal-for-bugatti-royale-munich-2023/?amp
Göbel

DIE Überraschung dieser High End war für mich der Raum von Göbel. Ich gebe zu, dass ich die älteren Modelle mit den Biegewellenwandlern bei früheren Begegnungen nie sehr mochte, und optisch sind auch die neueren Kreationen wie hier die den klangvollen Namen tragende „Divin Marquis“ nicht unbedingt mein Fall. Klanglich hat Oliver Göbel, der mit seinen Lautsprechern ebenso die Ultra High End Nische besetzen will wie TIDAL, hier aber im Verbund mit exquisiter Elektronik ein Niveau erreicht, das ich bei dieser High End zu den Top Drei der Vorführungen zählen würde.
Hervorstechende Eigenschaft ist dabei eine Unangestrengtheit des Klangs, der aber nicht, wie etwa bei Sonus Faber oder anderen Herstellern, in einer dezent soften Hochtonwiedergabe gründet, die Details verschluckt. Im Gegenteil: der von Göbel entwickelte AMT Hochtöner löst fantastisch auf, bleibt aber im besten Sinne unaufdringlich, zeigt keinerlei Härten. Das gilt auch für die anderen Register – wie die Basswiedergabe ohne die hier assistierenden Subwoofer ist, müsste noch zu klären sein. Ach so: 75.000.- soll so ein Pärchen kosten. Angemessen.
Gauder

Denn die DARC 240, mit der sich Gauder in München präsentiert hat, kostet noch knappe 25K mehr und kratzt damit schon an der 100.000.- Grenze. Ich gebe zu, dass mir Gauder, ähnlich wie Göbel, bei früheren Vorführungen auf Messen immer überbewertet vorkam – ähnlich wie bei Marten fand ich die Accuton-Keramikchassis in Gauders Boxen (wie der Berlina) einfach zu harsch, zu unharmonisch. Das nun hat sich mit den DARC Modellen offenbar geändert: die Harschheit scheint getilgt, allerdings offenbar um den Preis einer reduzierten Auflösung – obwohl der bemühte Vorführer nur relativ unproblematisches Material vorführte – Akustikgitarre, Sänger(innen) mit kleiner Band, nichts Komplexes – klang das in meinen Ohren höchst durchschnittlich. Gutes Hifi, ja. Aber für diesen Preis?