Beiträge im Archiv Dezember 2018

Die Gaechinger Cantorey mit bachschen Adventskantaten

02.
Dez.
2018

Stille Nacht, heilige Nacht? Der Advent als Zeit der Einkehr? Davon ist heute angesichts der merkantilen Totalvereinnahmung der Vorweihnachtszeit – bei der in manchen Supermärkten schon im September Lebkuchenberge aufgestapelt werden – wenig geblieben. Eine Gelegenheit, der ursprünglichen Bedeutung der Adventszeit wieder näherzukommen bot nun das Abonnementkonzert der Bachakademie mit drei der insgesamt vier bachschen Adventskantaten und dem ersten Brandenburgischen Konzert. Über den von Luther zu „Nu kom, der Heyden Heyland“ eingedeutschten Hymnus „Veni redemptor gentium“ hat Bach gleich drei Kantaten komponiert. In BWV 61 verwendet er die erste Strophe als Choralphantasie in einer französischen Ouvertüre, in BWV 36 als fein gewirktes Duett für zwei Frauenstimmen und in BWV 62 als Eingangschor. Dass Hans-Christoph Rademanns Gaechinger Cantorey keinen Vergleich mit den Spitzenensembles der Originalklangszene mehr zu scheuen braucht, ist bekannt. Rhetorischer Fluss und artikulatorische Beweglichkeit zählen zu den vortrefflichen, auch in diesen Kantaten zu bewundernden Eigenschaften von Chor und Orchester, und auch die Solisten entsprachen überwiegend diesem Niveau.Christina Landshamers schlanker Sopran und Henriette Göddes samtiger Alt harmonierten im Duett aus BWV 62 aufs Schönste. Benjamin Bruns erfreute mit einem baritonal grundierten, in der Höhe freien Tenor, und nur Andreas Wolfs koloraturengewandtem Bass würde man noch etwas mehr rhythmische Konsistenz wünschen. Nicht ganz auf dem Niveau der Kantaten gelang das – ohne Dirigent gespielte – brandenburgische Konzert, was zum einen an den gerade im letzten Satz nicht organisch wirkenden Übergängen und Temporelationen lag, zum anderen an den wenig in den Gesamtklang integrierten, intonatorisch unsicheren Hörnern. Überhaupt, der Klang: ab etwa Reihe 10 verliert der sich im für diese Musik viel zu großen Beethovensaal. Ob Rademann dies vielleicht mit seiner manchmal übertrieben wirkenden Gestik zu kompensieren trachtet? (STZN)