Beiträge im Archiv Februar 2011

Ich habe keine Paybackkarte!

27.
Feb.
2011

Nein, ich habe keine Paybackkarte. Auch keine ADAC-Karte oder Deutschlandcard, ich sammle weder Bonuspunkte noch Happy Digits, selbst die Karstadt Goldwochen sind mir egal. Ich möchte nur in Ruhe einkaufen, wenn ich was brauche.

Wenn das bloß so einfach wäre.

Warf ich vor einigen Jahren den Kassiererinnen meine „Nein, und ich will auch keine!“- Replik noch mit kampfeslustigem Optimismus entgegen, so ist mein Widerstandsgeist jetzt, gefühlte hunderttausend „Haben Sie eine Paybackkarte?“-Zumutungen später, blankem Hass gewichen. Schon beim Anstehen an der Kasse entwerfe ich Antworten wie „Sie müssen das doch nicht JEDESMAL fragen! Wenn ich so eine verdammte Karte hätte, dann würde ich sie schon rauslegen. Oder sehe ich aus, als hätte ich den Überblick über mein Portemonnaie verloren? “

Um dann doch nicht mehr rauszubringen als ein verquältes „Grzsneiiiiin“.

Vielleicht würde ja das Tragen einer Gehörlosen- Armbinde den Kassiererinnen Einhalt gebieten.  Gelb, zwei Punkte unten, einer oben. Dazu würde ich unverständliches Zeug brabbeln und in der Schlange vorgelassen. Freilich könnten die cleveren Marketingleute irgendwann auf die Idee kommen, ihre Verkaufsangestellten in Gebärdensprache zu schulen. Dann würde ich vermutlich ausrasten. Ich sehe die Schlagzeile schon vor mir: Falscher Gehörloser würgt Verkäuferin im Supermarkt. (StZ)

Grigorij Sokolow

22.
Feb.
2011

Grigorij Sokolow

Wie macht er das bloß? Bei vielen Pianisten klingt ein Steinway wie ein Schlaginstrument, doch wenn Grigorij Sokolow die Tasten anschlägt, dann beginnt das mächtige Instrument zu singen. Der Ton blüht auf, fast wie eine Glocke, und selbst wenn er leise spielt – und Sokolow kann sehr, sehr leise spielen – trägt dieser Ton bis in die hintersten Reihen des Beethovensaals. Der ist an diesem Abend sehr gut gefüllt, denn allmählich hat sich nicht nur in Stuttgart herumgesprochen, dass die Konzerte dieses Pianisten aus St.Petersburg etwas ganz Besonderes sind. Und das, obwohl – oder vielleicht gerade weil? – sich Grigorij Sokolow den Marketingstrategien der Klassikbranche komplett verweigert: es gibt nur wenige Plattenaufnahmen von ihm, und auch an renommeefördernden Tourneen mit Orchestern ist er kaum interessiert. Die Probenzeiten, so sagt er, seien ihm da einfach zu kurz. Was er spielen will, bestimmt er selbst, und anstatt, wie andere Kollegen, diese Woche einen Beethovenabend hier und in der nächsten ein Tschaikowskykonzert da zu geben, erarbeitet er für seine Solotourneen immer ein bestimmtes Programm, das er dann in der Regel ohne jede Änderung spielt. In dieser Saison ist es ein rein deutsches: mit Bachs Italienischem Konzert und der Französischen Ouvertüre h-Moll BWV 831 in der ersten Hälfte, Schumanns Humoreske B-Dur op.20 und die Klavierstücke op. 32 in der zweiten.

Nun hat Sokolow schon Bachs Kunst der Fuge aufgenommen (eine seiner wenigen Einspielungen) und ist auch als Rameau-Interpret berühmt. Man kennt seine unglaubliche Verzierungskunst, die Qualität seiner ebenmäßigen Triller, die Plastizität seiner Stimmtrennung. Und trotzdem war es schier unfassbar, wie er das Gewebe von Bachs Klavierpiècen offenlegte: jede einzelne Stimme ließ sich mit Leichtigkeit verfolgen, so als würde sie von einem jeweils eigenen Instrument gespielt – das gern zitierte Bild vom Klavier als Orchester, hier wurde es klangliche Realität. Ja, die klavieristische Technik ist bei Sokolow in einem Maße transzendiert, dass die stilisierten Sätze, die Gavotten und Bourrées als klangliche Manifestationen einer reinen Idee erschienen – als könne es nur so und nicht anders sein. Wie einem Bergführer folgte man Sokolow auf die Höhen seiner Imagination, wo die Luft dünn wird und das Denken schwer fällt, man aber Eindrücke mitnimmt, die man nicht mehr vergessen wird.

Anstelle der perfekten Form setzte Schumann in seiner überhaupt nicht lustigen Humoreske das Fragmentarische. Sokolow spielte hier die Kontraste, das unvermittelt Gegensätzliche heraus, getragen von der poetischen Idee der romantischen Weltverzauberung. Und mit der Gigue und der Fughetta in den vier Klavierstücken op.32 schlug Sokolow am Ende wieder den Bogen zu Bach. Stehende Ovationen und sechs Zugaben: zweimal Rameau, dann Brahms und dreimal Chopin.(Stuttgarter Zeitung)

 

Angefügt sei noch ein Zitat von Jan Brachmann, der über Sokolow schrieb: „Bei anderen guten Pianisten begreift man oft, wie ein Stück gemacht ist. Bei ihm spürt man, warum es überhaupt da ist.“

Da hat er, wie ich finde, Entscheidendes getroffen.

Helmut Lachenmanns „Got lost“ im Württembergischen Kunstverein

21.
Feb.
2011

 

Es ist eine viel diskutierte Frage: sollte sich die Kunst auch dorthin bewegen,wo sich Menschen aufhalten, also auf öffentliche Plätze wie Fußgängerzonen und Bahnhöfe, oder muss, wer etwa Musik hören möchte, dazu deren angestammte Aufführungsorte aufsuchen? Nach Ausflügen in Straßenbahnen, Autohäuser und auf Verkehrskreuzungen hat sich die Zeitoper-Reihe der Stuttgarter Staatsoper, zu deren Selbstverständnis die Auseinandersetzung mit dieser Frage gehört, nun in einen originären Kunst-Raum begeben: dem Württembergischen Kunstverein nämlich, wo sie diesmal nicht die Begegnung mit dem Profanen, sondern mit dem Künstlerischen, in diesem Fall den Gemälden von Michael Borremans, gesucht hat. Dazu hat der Dramaturg Xavier Zuber das Stück „Got lost“ für Klavier und Sopran von Helmut Lachenmann szenisch eingerichtet. Borremans selbst war für die Kostüme verantwortlich, die Aufführung fand mitten in der Ausstellung, umgeben von Borremans Bildern statt. Die zeigen auf den ersten Blick ganz normale Motive – Körper, Gesichter, Tiere. Doch ist all diesen Darstellungen ein Moment der Irritation gemeinsam: mal fehlt ein Auge, mal ein Unterleib, oft sind die Konturen beunruhigend verwischt.Je länger man durch die Ausstellung geht, umso mehr baut sich ein subtiler Horror auf – nichts ist hier, was es zunächst scheint, und je länger man hinschaut, desto mehr verstörende Details offenbaren sich. In einem Film zeigt der Künstler ein einziges Foto von sitzenden Personen, aber wie auf alten Super-8-Streifen in schwankenden Belichtungen – das Moment der Zeitlichkeit dringt auf diese Weise subtil ein in die Statik bildnerischer Darstellung.

Ganz ähnlich verfährt Helmut Lachenmann, wenn er den Zeitcharakter der Musik etwa dadurch aufbricht, dass er die Sopranistin sekundenlang Konsonanten dehnen lässt oder Klavierakkorde wie Klangflächen im Raum stehen lässt. Gut möglich, dass es an solchen grundsätzlichen Analogien von Komponist und Künstler liegt, dass diese Aufführung eine derartige Faszination entwickelt – ja, man fast den Eindruck hat, als sei das Stück, in dem Lachenmann Texte von Nietzsche, Fernando Pessoa und die Notiz einer Waschfrau kombiniert, originär szenisch angelegt.

Wie Borremans die Bildwelt ins Kippen bringt, so spielt Lachenmann auf virtuoseste Weise mit den Kategorien der Klänge, setzt Klavier und Gesang, Geräusch und Töne in vielfältige Korrespondenzen. Die wunderbare Yuko Kakuta tiriliert, gurrt, schnalzt und schnauft, die Saiten des geöffneten Flügels bündeln ihre Töne zu Akkorden, auch der Pianist Stefan Schreiber beteiligt sich vokal an diesem schillernd-schrägen Gesamtkunstwerk, das nicht zuletzt durch seinen absurden Witz besticht. Denn Borremans hat die Akteure – neben Sängerin und Pianist noch drei stumme Darsteller – in eine Art Western-Ausgehuniform mit Cowboyhüten und -stiefeln gesteckt und lässt sie darin mehr oder weniger sinnfreie Aktionen ausführen. Man versteht wenig, im herkömmlichen Sinne, auch die Texte haben kaum mehr als lautmalerische Funktion. Fast scheint es, als sei man in eine andere Welt versetzt, in der die üblichen Normen keine Gültigkeit haben. Ein Karneval? Große Kunst auf jeden Fall. (Stuttgarter Zeitung)

 

 

Musica Antiqua Köln spielt Werke von Johann Friedrich Meister

18.
Feb.
2011

Musikalischer Lustgarten

Die letzte Veröffentlichung der Musica Antiqua Köln

Man weiß nur wenig über Johann Friedrich Meister, schon das Geburtsdatum 1638 ist nicht gesichert. Sicher ist, dass er Kapellmeister am Hofe von Ferdinand Albrecht zu Braunschweig-Lüneburg war und nach einem Zerwürfnis mit dem Herzog nach Lübeck flüchtete, später kam er als Organist in Lüneburg unter. Dort dürfte er auch die 12 Triosonaten komponiert haben, die das Ensemble Musica Antiqua Köln nun quasi posthum, d.h. fünf Jahre nach seiner Auflösung auf den Markt bringt. Dessen Leiter Reinhard Goebel hat ja während seiner über dreißigjährigen Karriere so manch vergessenen Repertoireschatz ans Licht befördert, mit den sechs der bereits 2004 vom WDR aufgenommenen Meister-Sonaten ist ihm aber nun nochmal ein echter Coup geglückt. Dies ist betörende, stilistisch höchst individuelle Musik, in der deutsche Kontrapunktkunst und mediterrane Klangsinnlichkeit aufs Schönste zueinander finden. „Il giardino di piacere“, Lustgarten, hat Meister seinen Zyklus betitelt, und das passt wunderbar. Spielerisch leichthändig geht Meister mit den etablierten Satzformen um: man findet da geradezu lakonisch knappe Fugen, kaum eine Minute lang – als wolle er beweisen, dass er den Kontrapunkt beherrscht, den Hörer aber nicht mit langen Durchführungen quälen will. Dafür kann sich Meister siebeneinhalb Minuten in der Ausschmückung des harmonischen Gerüsts einer Sarabande verlieren, von denen man keine Sekunde missen möchte. Und auch die drei Streicher der Musica Antiqua samt Cembalist zeigen, warum sie nicht ohne Grund lange Jahre eine Referenz unter den Alte-Musik-Ensembles waren: feiner und klangsinnlicher kann alte Musik kaum klingen. (Stuttgarter Zeitung)

Johann Friedrich Meister: Il giardino del piacere.

Musica Antiqua Köln, Reinhard Goebel.

Berlin Classics

Deutsche Männer wählen die besten Autos

15.
Feb.
2011

Busenmodel und Klapper-Kombi

Jedes Jahr wählen deutsche Männer „Die besten Autos“

Es ist kein Zufall, dass in den Zeitschriftenläden Männer-und Busenmagazine in der Regel gleich neben den Automobilzeitschriften stehen. Schließlich geht es hier wie dort um Objekte der Begierde, und wer nicht versteht, was heiße Autos mit heißen Girls zu tun haben, der wird beim Betrachten des D&W-Autotuningkatalogs, in dem sich leichtbekleidete Mädchen an monströse Auspuffendrohre schmiegen, leicht Aufklärung finden.

Vor diesem Hintergrund erscheint die jährliche Leserwahl „Die besten Autos“, die vom Magazin „Auto, Motor & Sport“ nun wieder durchgeführt wurde, in einem milderen Licht. Denn eigentlich kann man sich nur darüber wundern, wie zigtausende Männer (Frauen dürften bei der Leserwahl nur eine untergeordnete Rolle spielen) sich befugt fühlen, über die Qualität von Autos zu urteilen, die sie nur aus Magazinen kennen. Der Audi A1 etwa ist erst ganz kurz auf dem Markt, wurde aber mit 43,1% der Stimmen Sieger in der Klasse „Kleinwagen“. Bei den „Sportwagen“ gewann der neue Mercedes SLS AMG:  ein schicker Flügeltürer, ohne Extras erhältlich ab € 183.260, der viel zu schön ist für die Schlaglochparcours bundesdeutscher Straßen und sich im Fuhrpark saudischer Scheichs, unter Bugattis und Lamborghinis, deutlich wohler fühlen dürfte.

Das alles zeigt uns: Autos sind nur solange ohne Einschränkung gut, solange wir sie nicht besitzen, sie fahren, waschen und reparieren lassen müssen. Am allerbesten sind die, die wir nur von Fotos kennen, denn sobald sie physische Realität annehmen, entdecken wir schon erste Fehler. Das verbindet sie wiederum mit den Frauen, denn, mal ehrlich: wer wollte schon mit einem Busenmodel verheiratet sein? Da bleiben wir lieber brav bei unseren mängelbehafteten Liebsten, ärgern uns beim TÜV über unsere Popel-Polos und Klapper-Kombis und freuen uns dafür schon auf die nächste Leserwahl  „Die besten Autos“.

Der Text erschien rüde gekürzt in der StZ, hier die Originalversion mit Schluss.

Tharaud spielt Scarlatti

13.
Feb.
2011

Vorlaute Triller

Es sei ihm, sagt Alexandre Tharaud im Booklet, nach seinen Aufnahmen mit Bach, Rameau und Couperin einfach folgerichtig erschienen, nun auch Sonaten von  Domenico Scarlatti einzuspielen. Warum nicht? könnte man denken. Denn zum einen gibt es nicht so viele Klavieraufnahmen der Cembalowerke des nach Spanien übergesiedelten Neapolitaners, und zum anderen ist Tharaud einer jener jungen Pianisten, die sich durch technisches Können und kluge Programmatik  einen festen Platz in der Klavierszene erspielt haben. Und doch: so richtig glücklich will man beim Hören dieser Auswahl von 18 der insgesamt 555 Sonaten Scarlattis nicht werden. Wer etwa die Einspielungen von Christian Zacharias kennt, der vermisst bei Tharaud vor allem artikulatorische Finesse und Rhythmusgefühl, ja überhaupt eine dezidierte Haltung zu diesen vielgestaltigen Preziosen. Vieles ist da auf eine pauschale Art schön gespielt, aber Tharaud versteht es selten, den Charakter der Stücke zu pointieren, dazu stören mitunter vorlaute Triller wie übermäßiges Pedalisieren. Und auch klanglich vermag er kaum Akzente zu setzen, was vielleicht auch an dem etwas konturlos klingenden Yamahaflügel liegt.

 

Alexandre Tharaud plays Scarlatti. Virgin Classics 5099964201603.

Das Festival für neue Musik ECLAT 2011 in Stuttgart widmete sich dem singenden Menschen

13.
Feb.
2011

Singt da wer?

Die einen singen unter der Dusche, andere gar nicht, manche dafür vor großem Publikum. Doch warum singt er überhaupt, der Mensch? Man könnte die Tatsache, dass wir von der Evolution ein Sprachorgan bekommen haben, mit dem wir auch Melodien bilden können können, fast als den Urgrund aller Musik bezeichnen – und so liegt es durchaus nahe, dass sich auch ein Festival für neue Musik wie ECLAT in Stuttgart damit beschäftigt. Dafür wurden diverse Komponisten auf das Thema angesetzt, die die Umstände des Singens unter besonderer Berücksichtigung der Beziehung zwischen (singendem) Individuum und (hörender) Gesellschaft unter die Lupe nehmen sollten.

Zu dem groß angelegten Musiktheaterentwurf „geblendet“, der am Freitagabend auf dem Programm stand, hatten fünf Komponisten die Aufgabe erhalten, aus einem festgelegten Setting, das aus einem Streichquartett (Quatuor Diotima), einem Countertenor (Daniel Gloger), einem Sängerknaben (Vincent Frisch) und einem Schauspieler (Christian Brückner) bestand, Szenen zu entwerfen, die dann von Regisseur Thierry Bruehl in einen dramaturgischen Ablauf gebracht wurden. Hätten gebracht werden sollen, muss man anfügen. Denn zum einen erschien der Zugang, den die letzlich dann nur vier Komponisten zu dem Thema gewählt hatten (das geplante Stück von Hans Jürgen Gerung entfiel)als zu heterogen, als dass sich ein übergreifender Bogen darüber hätte spannen lassen. Zum anderen hatten die Komponisten selber merklich Mühe, aus den Ausgangsbedingungen schlüssige Konzeptionen zu entwickeln. Am überzeugendsten erschien da noch das erste, „blinded“ getitelte Stück des gebürtigen Mannheimers Michael Beil. Der konfrontierte in seinem durch Signale in kurze Szenen aufgeteilten Stück Zitate aus der Musikgeschichte mit selbst komponierten Klängen und beleuchtete das Verhältnis zwischen Künstler und Publikum, hier repräsentiert von einem Konzertsänger und einem Passanten. Eine kurzweilige, gleichwohl etwas kryptisch wirkende Arbeit, die – wie alle anderen – unter anderem daran krankte, dass die gelesenen Texte in keinem nachvollziehbaren Zusammenhang standen. Ja, man gewann während der gut 90-minütigen Performance zunehmend den Eindruck, dass die Komponisten mit ihrer Aufgabe schlicht überfordert waren, Gesang, Instrumentalmusik, Text und Szene jenseits eines narrativen Rahmens zu einem überzeugenden Ganzen zu formen. Mischa Käser versuchte es in seinen „Nachrichten“ mit einer dadaistisch zugespitzten Farce, Manuel Hidalgos „geblendet“ wirkte dagegen wie komplette Sinnverweigerung. Wie dankbar die zum großen Teil aus Fachpublikum bestehende Zuhörerschaft im Stuttgarter Theaterhaus da schon für eine klitzekleine Pointe war, wurde in Filippo Peroccos ansonsten ermüdend langweiligem „occhi, nur noch“ deutlich, als es beim Text mal kurzzeitig etwas zu lachen gab. Neue Musik und Humor – das ist in Deutschland eben noch immer eine schwierige Beziehung. (Mannheimer Morgen)

 

Über Männermagazine

03.
Feb.
2011

Männermagazine. Zeitschriften für Frauen sind schlimm: bloß Mode, Promis und Diäten. Aber noch schlimmer sind solche für Männer

Ich besitze ein Buch für Männer. Darin finden sich allerlei Tipps für den modernen, erfolgsorientierten Herrn. Unter anderem wird beschrieben, wie man, falls die Piloten aufgrund von Unpässlichkeiten dazu nicht mehr in der Lage sind, eine Boeing 747 landen kann – eine Situation, in die man ja wirklich jederzeit geraten kann. Und es ist, zugegeben, nicht das schlechteste Gefühl, wenn man, nachdem man den Vogel sauber runtergeholt hat, unter den bewundernden Blicken der Stewardessen seine ermes-Tasche schnappt, sich mit mit einem „War mir ein Vergnügen, man hilft ja gerne, wenn man kann!“ in die VIP-Lounge verabschiedet,  dort eine Cohiba anzündet und sich von der hinreißenden blonden Hostess einen Malt Whisky einschenken lässt. Man hat es sich schließlich verdient.

Mir persönlich wäre einstweilen schon damit geholfen, wenn ich in einer  Männerzeitschrift mal eine Anleitung finden könnte, wie sich die Schultergurte eines Autokindersitzes ohne Zuhilfenahme von schwerem Werkzeug verstellen lassen. Oder wie man Fliesen dübelt. Stattdessen Stylingratschläge, Aufreißtipps, Diäten und, immer und überall  – Bauchübungen! Ja, man könnte den Eindruck gewinnen, dass es sich beim Mann um eine abstoßend eitle, triebgesteuerte Spezies handeln muss, die sich der Ausbildung des Musculus rectus abdominis verschrieben hat, um damit jene scharfen Weiber ins Bett zu bekommen, die im Heftinneren abgebildet sind. Liebe Männer, das nützt aber leider nix:  Frauen stehen auf Piloten.  (Stuttgarter Zeitung)