Beiträge der Kategorie ‘Allgemein’

Sol Gabetta und das Estonian Festival Orchestra in Stuttgart

21.
Jan.
2024


Fast wirkt es ein bisschen kurios, wie Antonín Dvořák in seinem Cellokonzert h-Moll das Soloinstrument behandelt. Im ersten Satz dauert es eine gefühlte Ewigkeit, bis nach der Orchesterexposition endlich der Solist einsetzen darf. Im Finale dagegen scheint das Füllhorn an Melodien, die der Komponist dem Cello anvertraut, gar kein Ende zu nehmen – ja, fast könnte man meinen, Dvořák habe sich während des Kompositionsprozesses in das Instrument verliebt.
Verlieben konnte man sich am Samstagabend im Meisterkonzert ebenfalls: und zwar in die Art und Weise, mit der Dvořáks Werk von Sol Gabetta und dem Estonian Festival Orchestra unter der Leitung von Paavo Järvi aufgeführt wurde.
Seit über 20 Jahren nun ist Sol Gabetta eine feste Größe im Konzertleben, in ihren Konzerten hat sich die zierliche 42-Jährige aber eine Frische bewahrt, die ansteckend ist. Cellospielen ist toll – diesen Eindruck vermittelt sie! Wunderbar, wie sie im Kopfsatz mit dem Orchester dialogisiert, sich inspirieren lässt von der Phrasierungslust der Holzbläser. Im Adagio lässt sie, belebt durch sensibel dosierte Vibrati, die Kantilenen aufblühen und zeigt dann im Finale noch einmal das ganze Spektrum ihrer Meisterschaft: fast lässig wirken die stupend hingelegten Glissando-Doppelgriffe, intonatorisch bestechend sauber sind die Akkordbrechungen, die sie da in höchsten Cellolagen ausführt – und all das nie mechanisch, sondern eingebettet in den Fluss der Musik. Der Jubel nach dem Schlussakkord war groß, als Zugabe gab es, assistiert von der Cellogruppe des Orchesters, eine Preziose: „Song of the birds“, eine Art katalanische Hymne, die Pablo Casals immer nach seinen Konzerten im Exil zu spielen pflegte.
Nach der Pause dann Tschaikowsky – und zwar nicht eine seiner bekannten Sinfonien, sondern die mit 26 Jahren komponierte Erste, die in ihrer lebensbejahenden Diesseitigkeit nichts zu tun hat mit der schicksalsbeladenen Schwere der beiden letzten Sinfonien. Järvi hat ja sämtliche Sinfonien Tschaikowskis mit dem Tonhalle-Orchester Zürich aufgenommen, und seine Erfahrung mit dieser Musik beweist er auch an diesem Abend. Denn auf der sprichwörtlichen Stuhlkante musiziert das von ihm gegründete Orchester aus Estland, das vielleicht in den Streichern nicht über den Luxusklang etablierter Klangkörper verfügt, dies aber durch Brillanz und Spielfreude mehr als ausgleicht. Ein toller Abend, funkensprühend bis zur Zugabe: Hugo Alfvéns „Vallflickans“.

Arcadi Volodos spielte in Stuttgart

17.
Dez.
2023

Als neuer Supervirtuose wurde Arcadi Volodos gehandelt, nachdem er 1997 auf seinem ersten Album seine zirzenischen Fähigkeiten eindrucksvoll demonstriert hatte. Dass er pianistisch nach wie vor in die alleroberste Liga gehört, dabei aber weit mehr zu bieten hat als bloße Tastenartistik, zeigte der mittlerweile 51-Jährige nun bei seinem Recital im Rahmen der Meisterpianistenreihe.
Zu Beginn lässt Volodos das Licht im Saal dimmen – hier gilt´s allein dem Klang, und nicht nur diese Angewohnheit teilt er mit seinem berühmten Kollegen Grigory Sokolov. Auch dem sind die Äußerlichkeiten des Musikbetriebs ein Gräuel. Anstatt als Solisten mit Orchestern durch die Welt zu jetten, konzentrieren sich beide lieber auf dramaturgisch stimmige Soloprogramme, mit denen sie auf Tour gehen.
Die erste Programmhälfte war Alexander Skrjabin gewidmet. Beginnend mit zwei Etüden aus op. 8 spielte Volodos die 10. Sonate, dazu eine Auswahl aus Préludes, Etüden und Poèmes, innerhalb der die Entwicklung von Skrjabins Klangsprache von einer post-chopinesken Melancholie zu einer Form und Tonalität sprengenden Radikalität deutlich wurde. Skrjabins Ziel war Ekstase als Zeit und Raum transzendierende Erfahrung, und in keinem Klavierstück ist er diesem Zustand näher gekommen als in „Vers la flamme“, mit dem Volodos den ersten Teil fulminant beschließt. Aus dem Glutkern eines sinistren Motivs heraus verdichten sich züngelnde Flammen, die sich am Ende zu einer alles verzehrenden Feuersbrunst auftürmen. Pianistisch ist das mit einer Souveränität gestaltet, die sprachlos macht. Manuelle Schwierigkeiten, die es hier zuhauf gibt, scheinen für Volodos nicht zu existieren. Seismografisch ausdifferenziert erscheint das Spektrum seiner Anschlagskunst, unerschöpflich das Repertoire an Farben, die er dem Steinway entlockt.

Nach der Pause Schubert, die späte Sonate a-Moll D 845, und wer sich zuvor gefragt hat, was dieser mit Skrjabin zu tun hat, bekommt von Volodos eine Antwort: selten wurden Schuberts Außenseitertum und sein Ringen mit der Form derart plastisch dargestellt. Im Kontext von Skrjabins Exzentrik erscheint Schuberts Komponieren als verzweifelte Suche nach Neukonzeption, als Aufbäumen gegen den Verlust von Gewissheiten. Das Publikum, leider nicht sehr zahlreich, begriff den Rang dieses Abends und applaudierte im Stehen. Vier Zugaben: zwei Miniaturen von Schubert und Skrjabin, gefolgt von einer funkensprühenden Malaguena Ernesto Lecuonas. Am Ende „El lago“ von Federico Mompou. Und still ruhte der See.

Labsal für die Ohren

10.
Dez.
2023

Das SWR Vokalensemble mit Vorweihnachtlichem in der Gaisburger Kirche

Winter? Weit ist es ja noch nicht her mit ihm. Bei gefühlten zehn Grad Außentemperatur jedenfalls eilte man am Samstagabend durch Platschregen in Richtung Gaisburger Kirche, wo das SWR Vokalensemble seins traditionelles Vorweihnachtskonzert zu präsentieren pflegt. „Wintermusik“ war es in diesem Jahr tituliert – doch wie klingt er, der Winter?
Vielleicht so, wie ihn die polnische Komponistin Adrianna Kubica-Cybek in ihrem Stück „L´hiver“ imaginiert. Lang gezogene, sich in Sekundabständen reibende hohe Töne der Soprane evozieren zu Beginn einen eisig pfeifenden Wind, der einen beim Hören quasi die Schultern hochziehen lässt. In diese Stimmung hinein fallen dann die ersten Schneeflocken in Form absteigender Glissandotöne einzelner Sänger, die sich dann im weiteren Verlauf im ganzen Chor ausbreiten und zu einem veritablen Schneegestöber verdichten. Am Ende hört man von irgendwo sacht die Glocken verklingen. Kompositorisch ist das derart brillant gemacht, dass die Winterstimmung atmosphärisch zum Ausdruck kommt, ohne dass die Musik im mindesten plakativ wirken würde – der Kunstcharakter bleibt jederzeit erhalten.
Im Gegensatz zu Peteris Vasks „Plainscapes“ für Chor, Violine und Cello. Spätestens beim Einsetzen der Vogelstimmen offenbart sich die latente Oberflächlicheit von Vasks widerstandslos auf Wirkung abzielender Musik, die in starken Passagen immerhin wie gute Filmmusik klingt, in schwachen sich aber gefährlich in Kitschnähe bewegt. Die großartige Ausführung, hier unterstützt durch Alexander Knaak (Violine) und Dita Lammerse (Cello) soll diese Kritik nicht schmälern.
Blieb es doch auch das einzige künstlerisch fragwürdige Werk dieses Abends, das mit Arvo Pärts auratischem Magnificat berückend intensiv begonnen hatte. Dass, wie Chormanagerin Dorothea Bossert bei ihrer Begrüßung sagte, einige Tenöre krankheitshalber kurzfristig ersetzt werden mussten, fiel hier genausowenig auf wie in den überirdisch schönen Harmoniegewändern, in die der schwedische Komponist Jan Sandström Michael Praetorius´ „Es ist ein Ros entsprungen“ gekleidet hat. Pure Labsal für die Ohren. Arvo Pärts Berliner Messe, bei der Lars Schwarze den Orgelpart übernahm, wurde dann in drei Abschnitten gesungen, zwischen die zwei Vokaltranskriptionen aus der Feder Clytus Gottwalds über Werke von Ravel und Debussy geschoben waren – jede für sich ein Musterbeispiel kongenialer Bearbeitungskunst. Interessant dabei zu hören, wie sich die Beschränkung des Materials bei Pärt und die Ausdifferenzierung bei Gottwald an jenem Punkt trafen, wo es um Intensität des Ausdrucks geht: nicht die Mittel sind entscheidend, sondern die Art, wie sie eingesetzt werden. Was für ein Abend!

Wiederholung ist nicht alles

14.
Nov.
2023

Das Freiburger Barockconsort und das Ensemble Recherche in einem gemeinsamen Konzert

Glamour, so Wikipedia, beschreibt „ein besonders prunkvolles oder elegantes Auftreten oder Selbstdarstellen in der Öffentlichkeit, das sich von Alltag und Durchschnitt abhebt.“ Was muss man sich also vorstellen, wenn das Freiburger Barockconsort und das Ensemble Recherche ihr gemeinsames Konzert im Mozartsaal mit diesem Begriff annoncieren? Vielleicht, dass die Musiker in spektakulären Roben auftreten? Oder geht es um luxuriös arrangierte und glanzvoll festliche, die Sinne bezirzende Stücke? Ein Blick ins Programm klärt rasch auf, bezieht sich sich der verheißungsvolle Titel doch auf ein einziges Werk: „Glamour Sleeper“ von Donnacha Dennehy. Wer diesen Namen nicht in Verbindung mit alter Musik zu bringen vermag, liegt richtig, denn Dennehy ist 1970 geboren und betont seine Verbundenheit mit Rock und ektronischer Musik – was seinem Stück auch deutlich anzuhören ist. Freundlich könnte man sagen, dass der Komponist damit versucht, die Intensität eines Rockkonzerts auf klassischen Instrumenten wie Klavier, Klarinette und Geige zu erzeugen. Andere könnten es allerdings auch schlicht als Lärm empfinden.
Dass ein Konzertabend abwechselnd von einem Ensemble für alte und einem für zeitgenössische Musik gestaltet wird, ist ja durchaus ungewöhnlich, liegt aber im gemeinsamen Probengebäude von FBO und Ensemble Recherche, dem Ensemblehaus Freiburg, begründet. Und grundsätzlich ist gegen die Idee, aus seinen angestammten Stilrevieren auszubrechen und den Blick über den Tellerrand zu wagen, ja auch nichts einzuwenden. Genausowenig wie gegen die, den Tanz, der in fast allen musikalischen Epochen eine Rolle gespielt hat, als programmatische Klammer des Abends einzusetzen, um auf diese Weise Verbindungen zwischen alter und neuer Musik aufzuzeigen. Aber gibt es wirklich keine zeitgenössischen Stücke, die das subtiler tun und mit denen sich mehr Rücksicht auf die zarten Klänge eines Barockconsorts nehmen ließe, als die zum Teil brachial daherkommenden Kompositionen von Michael Gordon, David Lang oder Guillaume Connesson? Und mussten es, so animiert und filigran sie vom siebenköpfigen Freiburger Barockconsort auch gespielt wurden, denn wirklich – wenn man von einer Suite Purcells mal absieht – drei ausgedehnte Kompositionen sein, die sich allesamt auf die ständige Wiederholung einer einzigen Akkordfolge beziehen? Im Falle von Antonio Bertalis Ciaconna C-Dur nervtötend gefühlte 500 Mal?

Wer bezahlt für unseren Luxus?

30.
Okt.
2023

Richard Strauss´ „Die Frau ohne Schatten“ an der Staatsoper Stuttgart

Wann ist eine Frau eine Frau? Wenn sie Kinder gebären kann? Selbst wenn diese Ansicht innerhalb der aktuellen Geschlechterdiskussion als hoffnungslos anachronistisch gelten dürfte, erscheint sie in Richard Strauss´ Oper „Die Frau ohne Schatten“, die nun an der Staatsoper Stuttgart neu inszeniert worden ist, sogar metaphorisch überhöht. Hier steht für die weibliche Fruchtbarkeit das Symbol des Schattens: die titelgebende Kaiserin, als Tochter des Geisterfürsten Keikobad eine Art Mischwesen, muss diesen Schatten innerhalb von drei Tagen erlangen. Ansonsten wird ihr Gatte, der Kaiser, versteinern.
Strauss und sein Librettist Hugo von Hofmannsthal haben für diese romantische, während des Ersten Weltkriegs entstandene Oper verschiedenste Sphären kombiniert. Man findet, garniert mit diversen Orientalismen, Elemente aus Drama, Märchen und Volkstheater. Dazu bezieht sich Strauss auf Mozarts „Zauberflöte“, was sich auch in der Trennung der Protagonisten in ein hohes und ein niederes Paar zeigt: neben Kaiserin und Kaiser sind das die Färberin und deren Mann Barak.
Der Regisseur David Hermann nun zeigt in seiner Inszenierung die Lebenswelten beider Paare gleichsam als Vorder- und Rückseite unserer modernen Zivilisation. Jo Schramm hat ihm dafür in Stuttgart eine Bühnenkonstruktion gebaut, wie man sie in solch visionärer Wucht lange nicht gesehen hat. Oben, quasi in der Beletage, residiert das Kaiserpaar in einem Ambiente, das an Architektenhäuser oder Museumsfoyers erinnert. Kein Krümel trübt das Bild der edel gestylten, grauen Steinelemente, dezent schimmert die indirekte Beleuchtung. Doch wer bezahlt dafür den Preis? Das erfährt man, wenn in einem fulminanten Szenenwechsel diese Ebene während des ersten Akts nach oben fährt und den Blick auf die Unterwelt freigibt, wo in einer Art Betonbunker das Prekariat ums Überleben kämpft. Die Außenwelt, so scheint es, ist bereits weitgehend zerstört und kontaminiert, sodass die Menschen nur in Schutzkleidung und mit Gasmasken nach draußen können. In dieser Tristesse leben auch der Färber und seine Frau, die von der Amme, einer Bediensteten der Kaiserin, das verlockende Angebot bekommt, gegen Abtretung der Fruchtbarkeit ihr Elend gegen Luxus und Liebesglück zu tauschen.
Doch das Ganze erfährt eine weitere, noch beeindruckendere Volte im dritten Akt. Dann öffnet sich, wie ein zusammengestecktes Schokoladenei, plötzlich der Bunker in zwei Teile und gibt den Blick nach draußen frei in ein totales Schwarz – das man nicht zuletzt deshalb mit Weltraum assoziert, weil hernach ein vielfarbig schillerndes Gestirn herunterfährt – wie eine Mischung aus göttlicher Emanation, magischem Auge und Geist, das der Szene eine verstörende Eindringlichkeit verleiht.
Nicht alles lässt sich eindeutig interpretieren und erklären in dieser insgesamt spektakulären Inszenierung, was man durchaus als Qualität begreifen kann. Dazu zählt auch der in der Mitte des Bunkers sich windende Riesenwurm. Der verschwindet, taucht dann aber am Ende der Oper – wie, das soll hier zugunsten jener, die die Oper besuchen möchten, nicht verraten werden – auf sehr überraschende Weise wieder auf.
Die Wirkung dieser Produktion ist aber auch deshalb so nachhaltig, als die musikalische Umsetzung schlichtweg grandios zu nennen ist. Das beginnt bei den fabelhaften Sängern: dass das Stück so selten gespielt wird, liegt nicht zuletzt daran, dass man für die Hauptrollen mindestens fünf Wagner- und Strauss-gestählte Spitzenkräfte mit belastbaren Stimmbändern benötigt. Und die hat man in Stuttgart. Zwar ist nur die überragende Simone Schneider als Kaiserin aus dem hauseigenen Ensemble, aber mit Benjamin Bruns (Kaiser), Evelyn Herlitzius (Amme), Martin Gantner (Barak) und Iréne Theorin (Färberin) wurde eine Riege an Sängern verpflichtet, die auch höchsten Ansprüchen gerecht wird.
Der Stuttgarter Cornelius Meister schließlich evoziert mit dem Staatsorchester einen Klangrausch, wie man in in solcher Vielfalt kaum je gehört hat. Es ist ein Riesenorchester, das Strauss hier verlangt, angereichert mit exotischem Instrumentarium wie Glasharmonika und chinesischen Gongs, dazu kommt der verdeckt agierende Opern- und Kinderchor, und Meister koordiniert diese Massen auf imponierend souveräne Manier. Mitreißend die fast cineastische Wucht der Klangeruptionen, berührend aber auch das subtile Ausleuchten von Details, die fein gesponnenen kammermusikalischen Passagen samt der berührend intensiven Streichersoli. Am Ende tosender Jubel, nur vereinzelte Buhs für die Regie. (Südkurier)

Der Dirigent als Showman

22.
Okt.
2023

Das City of Birmingham Symphony Orchestra eröffnete die Meisterkonzertreihe im Beethovensaal

Erst im März dieses Jahres war das City of Birmingham Symphony Orchestra mit einem bejubelten Auftritt in Stuttgart zu Gast, damals noch unter ihrer Chefdirigentin Mirga Gražinytė-Tyla, die das Orchester sieben Jahre lang geleitet hatte. Ein halbes Jahr später nun gastierte es zu Eröffnung der Meisterkonzertreihe unter seinem neuen Chefdirigenten Kazuki Yamada erneut im Beethovensaal. Mitgebracht hatte man als Solisten das Klavierduo Lucas und Arthur Jussen: die holländischen Beaus sind das derzeit wohl schillerndste Brüderpaar der Klassikszene. Bei seinen Auftritten – erst im Januar diesen Jahres in der Meisterpianistenreihe – pflegt es das Publikum mit seinen zirzenischen Klavierkünsten und seiner Energie zu Beifallsstürmen hinzureißen. Pianistisch sind die beiden derart versiert, dass sie vermutlich auch als Solisten reüssieren könnten, was sie an diesem Abend allerdings in Mozarts Konzert für 2 Klaviere und Orchester KV 365 nur ansatzweise zeigen konnten. Mozart hatte das Werk für sich und seine Schwester Anna geschrieben, und außer punktgenauem Zusammenspiel – für die Jussens eine Selbstverständlichkeit – stellt es für Pianisten kaum eine Herausforderung dar. Gleichwohl freute man sich über das fein ausgearbeitete, animierende Musizieren der Brüder und die Freude wäre noch größer gewesen, hätte Kazuki Yamada das (zu) groß besetzte Orchester mit ähnlicher Differenziertheit behandelt wie die Pianisten ihre Instrumente.
Denn schon beim ersten Stück des Abends, Prokofjews Sinfonie Nr. 1 D-Dur wurde deutlich, dass Yamada ein Dirigent ist, der die große Geste, den äußerlichen Effekt bevorzugt: der Charme dieses bewusst mit historisierenden Elementen angereicherten Werks geriet in den Hintergrund angesichts der plakativen Zurschaustellung orchestraler Virtuosität. Auch nach der Pause wurde das Potential des Orchesters nur andeutungsweise deutlich. Rachmaninows Sinfonische Tänze sind ein doppelbödiges Werk, in das der Komponist, fern von äußerlicher Klangpracht und süßem Melodienzauber, an existenzielle Menschheitsfragen rührt. Das gilt besonders für den dritten, von bitterer Klage und dämonischem Tanz geprägten Satz, der an diesem Abend fast wie Filmmusik klang: eindrucksvoll, aber inhaltsleer. Immerhin: Yamada ist ein begabter Showman. Zur Zugabe, dem rasant hingelegten „Lezginka“aus Khachaturians „Gayane“- Suite, tanzte er auf dem Podium.

Große Klavierkunst

22.
Okt.
2023

Beatrice Rana eröffnete die Meisterpianistenreihe im Beethovensaal


Es sind gleich zwei Reisen, auf die uns Beatrice Rana bei ihrem Klavierrecital im Beethovensaal mitnimmt. Die erste beginnt mit dem Fiebertraum von Alexander Skrjabins Fantasie h-Moll. Aus dessen rauschhaftem Taumel erwacht, taucht man mit Mario Castelnuovo-Tedescos Cipressi op. 17 ein in die kontemplative Beschwörung einer toskanischen Landschaft. Obwohl Castelnuovo-Tedesco, der selbst in der Toskana aufgewachsen ist und vor den Faschisten in die USA emigrierte, bereits in diesem Frühwerk sein ungeheures kompositorisches Talent zeigt, wird er bis heute – möglicherweise liegt es an seiner vergleichsweise konventionellen Tonsprache – nicht unter den großen Komponisten des 20. Jahrhunderts geführt. Beatrice Rana jedenfalls widmet sich seiner Preziose mit derselben Sorgfalt, mit der sie anschließend Claude Debussys Prélude „La terrasse des audiences du clair de lune“ als klangliche Phantasmagorie erstehen lässt. Berückend, mit welcher Gestaltungskraft sie die Farbvaleurs der Mixturklänge als klangliche Entsprechung des einfallenden Mondlichts zeichnet und dabei, bei aller pianistischen Definition, nicht den Charakter des skizzenhaft Vagen verliert.
Das Tosen des Ostwindes in „Ce qu’a vu le vent d’ouest“ aus dem ersten Band von Debussy Préludes schließlich führt, pianistisch fulminant realisiert, das konzertante Boot auf die sagenumwobene Insel Kythera. Das dortige glückhaft unbeschwerte Leben beschreibt Debussy in „L´Isle Joyeuse“, einem seiner pianistisch anspruchsvollsten Klavierwerke, das Beatrice Rana mittels einer schier unerschöpflichen Skala dynamischer Abtönungen in Klang setzt.
Nach dem Pausen-Intermezzo bildet Franz Liszts Sonate h-Moll, die Tonart schließt den Bogen zum ersten Stück des Programms, die zweite, diesmal nicht deskriptive Reise. Nicht selten wird das Stück – Oktavkaskaden und Donnerpassagen führen leicht auf diese Fährte – als Virtuosenreißer missbraucht. Beatrice Rana freilich zeigt Liszts opus summum als Meisterstück dramaturgischer Durchformung. Wie sie aus dem musikalischen Material die Struktur des Werkes aufbaut, mit ständig steigender Innenspannung und grenzenlos scheinenden technischen Reserven dessen dramatisch-epische Kräfte bis zur Apotheose verdichtet, das ist ganz große Klavierkunst.
Bravi anschließend im schwach besetzen Saal und zwei Zugaben: Skrjabins Etüde cis-Moll op.2 und Debussy Etude No. 6 „Pour les huits doigts“.

Das Staatsorchester Stuttgart begeistert mit Bartók und Mahler

18.
Jun.
2023

Musik als Liebeserklärung, das gibt es öfters in der klassischen Musik. Der 74-jährige Janáček etwa komponierte sein zweites Streichquartett „Intime Briefe“ als Liebesgeständnis an die 36jährige Kamila Stöslová. Die Liebe wurde nicht erwidert, das Begehren blieb und war Janáček eine lange währende Inspiration. Auch Béla Bartók war in die sieben Jahre jüngere, genial begabte Geigerin Stefi Geyer verliebt, der er 26-jährig sein erstes Violinkonzert widmete. „Aus dem Herzen heraus“, so Bartók, habe er das Werk geschrieben. Und das hört man. Ein kaum verhaltenes Schwärmen prägt den ersten Satz, in dem die Solovioline sich immer wieder zu süßen Kantilenen aufschwingt, und Christian Tetzlaff spielt das betörend schön, fein balancierend auf dem Grat zwischen Überschwang und latenter Bitterkeit, der vielleicht schon die Ahnung eingeschrieben ist, dass es nichts werden könnte mit dem Liebesglück. Im zweiten Satz des musikalischen Porträts demonstriert Tetzlaff weitere Facetten seines geigerischen Könnens: „Giocoso“, spielerisch, bewältigt er der Vortragsanweisung gemäß die techischen Vertracktheiten, mit denen Bartók Stefi Geyers extrovertierte Seite zeigen will. Cornelius Meister am Pult des Staatsorchesters ist ihm dabei ein Bruder im Geiste, der die Ausschläge in Bartóks Liebesdrama mit dem bestens disponierten Staatsorchester in seelischem Gleichklang mit dem Solisten nachzeichnet.
Ein Erlebnis, das nach der Pause noch einmal übertroffen wird von einer, ja, triumphalen Interpretation von Mahler monumentaler 5. Sinfonie. Der Stuttgarter GMD Cornelius Meister hat sich zu einem genuinen Mahlerdirigenten entwickelt, dem es auf überwältigende Weise gelingt, unterschiedliche Qualitäten zu bündeln. Meister lässt die Extreme dieser Musik, ihre elementare Wucht und Maßlosigkeit, aber auch ihre herzzerreißende Klage und spirituelle Hoffnung vorbehaltlos ausspielen, beweist aber auch Sinn für die Zwischentöne, für das Uneindeutige und Tastende und behält dabei die Dramaturgie des Satzganzen immer im Blick. Nach drei Sätzen ist man da als Hörer emotional derart durchgerüttelt, dass das traumverlorene Adagietto wie Balsam auf die Seele wirkt, ehe sich das Finale in einer gewaltigen Kulmination aller Kräfte entlädt. Das Staatsorchester spielt das wie entfesselt, am Ende gibt es Ovationen. Ein Ereignis. Wer es nicht hören konnte: am Montagabend wird das Konzert wiederholt.

Räumt den Müll weg

17.
Jun.
2023

„Die Schöpfung – Erde an Zukunft“ als Eröffnungskonzert des Musikfests 2023

Wieviele Personen passen auf die Bühne des Hegelsaals? 100? 200? Deutlich mehr, nämlich an die 350 dürften es nun beim Eröffnungskonzert des Musikfests 2023 gewesen sein, der überwiegende Teil davon Kinder. Die hatten sich dicht an dicht zwischen Chor und Orchester der Gaechinger Cantorey gezwängt, um ihren Part von „Die Schöpfung – Erde an Zukunft“ zu singen, einem Projekt, das die Bachakademie schon 2022 sechsmal aufgeführt hat. Bei jedem Konzert waren andere Schulen beteiligt, was jedesmal aufs Neue intensive Probenarbeit bedeutete. Diesmal waren es neun Schulen aus dem Großraum Stuttgart vom Strohgäu bis nach Korntal, in denen zunächst vor Ort geprobt wurde, ehe die gesamte Schar von Sabine Layer zu einem Kollektiv zusammengeschweißt wurde. Einfach zu singen ist das nämlich keineswegs: Karsten Gundermann hat Elemente aus Joseph Haydns Oratorium „Die Schöpfung“ mit selbst komponierten Teilen zu einem knapp 75-minütigen Werk kombiniert und dabei dem Kinderchor eine zentrale Rolle zugewiesen. Wichtig vor allem, damit der musikalische Fluss nicht ins Stocken gerät, sind dabei die nahtlosen Übergänge zwischen Solisten, Profi- und Kinderchor. Und die gelangen vorbildlich.
Nun erzählt Haydns Werk die Schöpfungsgeschichte aus biblischer Sicht, und das in sehr gespreiztem Sprachduktus. Da „beut die Flur das frische Grün dem Auge zur Ergötzung dar“, heißt es da etwa, und man könnte durchaus fragen, ob Kinder diese Ausdrucksweise verstehen, zumal die historische Perspektive durch die Erweiterung um einen zeitgenössisch formulierten, dezidiert zivilisationskritischen dritten Teil nivelliert wird: „Wenn ich all meinen Müll besehe, schäm ich mich, dass ich hier stehe“, singt die Erderstbewohnerin Eva im Finale, nachdem Astronaut Ulf Merbold in einem eingespielten Text zuvor die ethische Pflicht beschworen hat, die Erde in intaktem Zustand zu hinterlassen.
Auch musikalisch bedeutet der Wechsel von Haydns klassischem Stil in ein musicalähnlich synkopiertes Genre einen Bruch, der sich auch durch ein Keyboard als Rezitativbegleitung nicht kitten lässt. Vielleicht weist das aber auch auf ein Manko der zeitgenössischen E-Musik hin. Warum gibt es offenbar kein Werk, das generationenübergreifend eine solche Thematik behandelt und dabei weder anbiedernd noch elitär daherkommt? Die Begeisterung über diese gelungene, am Ende bejubelte Aufführung soll diese Überlegung nicht schmälern.

Messebericht High End 2023

28.
Mai.
2023

Acht Jahre sind eine lange Zeit, und so lange ist es nun her, dass ich den letzten Messebericht verfasst habe. Dazwischen lag Corona und der Aufbau meines eigenen kleinen Hifi-Studios, und eigentlich wollte ich vor allem aus Befangenheitsgründen gar nichts Journalistisches mehr über Hifi schreiben – allerdings hat es mich nach dem Besuch der High End wieder in den Fingern gejuckt: zu viel Interessantes und Bemerkenswertes gab es da zu hören und zu sehen. Hier also ein kleiner, wie immer höchst subjektiver Bericht.

TIDAL for Bugatti Royale

Eine Prämisse für diesen Bericht war, über nichts zu schreiben, das ich selber in meinem Studio führe. Und ich starte gleich mit einer Ausnahme: denn TIDAL ist bekanntlich mein absoluter Favorit, was Lautsprecher anbelangt. Bevor ich meine geliebten PianoG2 hergebe, würde ich lieber mein Auto verkaufen. Aber: was da auf dem Bild zu sehen ist, werde ich weder jemals selbst besitzen noch verkaufen (schade eigentlich….).
Vor allem aber ist es so interessant, dass man es für jene, die nicht das Glück hatten es persönlich hören zu können, wenigstens beschreiben sollte.
Zumindest sollte man es versuchen. Denn der Klangeindruck dieses Systems ist schwer in Worte zu fassen. Die relevanten Kategorien, mit denen sich Klang definieren lässt, wie Auflösung, Bühnenabbildung, Dynamik und Tonalität sind hier in einer Weise auf die Spitze getrieben, die einen beim Hören fast sprachlos macht. Ich habe mit einigen gesprochen, die die exklusiven Vorführungen erlebt haben, und die Statements waren mehr oder weniger Variationen von „So etwas habe ich noch nie gehört“.
Was auch für mich gilt, der die Tidal-Modelle ganz gut kennt. Aber dieses im Grunde sehr reduzierte System – 2 Aktivboxen und ein Controller – treibt die Qualitäten von Tidal vor allem in puncto Dynamik und Bühnenabbildung nochmals auf ein neues Level. TIDAL-Chef Jörn Janczak spielte diverse Stücke verschiedener Genres, darunter ein Aufnahme mit Blechbläsern, die derart realistisch im Raum standen, dass man sie fast greifen zu können glaubte. Das komplette, hörbare Frequenzspektrum von ultratiefen Bässen bis kristallklaren Höhen füllte den Raum, man hörte jedes Detail heraus, dabei klang es auf fast magische Weise schwerelos. Der Abstand zwischen Livekonzert und Reproduktion jedenfalls war hier auf eine Weise zusammengerückt wie zumindest ich es mir bis dahin nicht vorstellen konnte.
Was das kostet? So wie vorgeführt 355.000 .- für die Lautsprecher + 58.000.- für den Controller. Viel? Klar. Andererseite gab es auf der High End Anlagen, die mehr kosten und nicht annäherungsweise diese Performance haben.
Ein ausführlicher Bericht, dessen Bewertung ich insgesamt teile, findet man auf https://parttimeaudiophile.com/2023/05/27/tidal-for-bugatti-royale-munich-2023/?amp

Göbel

DIE Überraschung dieser High End war für mich der Raum von Göbel. Ich gebe zu, dass ich bei früheren Begegnungen die älteren Modelle mit den Biegewellenwandlern nie sehr mochte, und optisch sind auch die neueren Kreationen wie hier die den klangvollen Namen tragende „Divin Marquis“ nicht unbedingt mein Fall. Klanglich aber hat Oliver Göbel, der mit seinen Lautsprechern ebenso die Ultra High End Nische besetzt wie TIDAL, hier im Verbund mit exquisiter Elektronik ein Niveau erreicht, das ich bei dieser High End zu den Top Drei zählen würde.
Hervorstechende Eigenschaft ist dabei eine Unangestrengtheit des Klangs, die aber nicht, wie etwa bei Sonus Faber oder anderen Herstellern, in einer dezent gesofteten Hochtonwiedergabe gründet, bei der Details auf der Strecke bleiben. Im Gegenteil: der von Göbel entwickelte AMT Hochtöner löst fantastisch auf, bleibt aber im besten Sinne unaufdringlich, zeigt keinerlei Härten. Das gilt auch für die anderen Register – wie die Basswiedergabe ohne die hier assistierenden Subwoofer ausfüllt, wäre noch zu klären. Ach so: 75.000.- soll so ein Pärchen kosten. Angemessen.

Gauder

DARC 240

Denn die DARC 240, mit der sich Gauder in München präsentiert hat, kostet noch knappe 25K mehr und kratzt damit schon an der 100.000.- Grenze. Ich gebe zu, dass mir Gauder, ähnlich wie Göbel, bei früheren Vorführungen auf Messen immer überbewertet vorkam – ähnlich wie bei Marten fand ich die Accuton-Keramikchassis in Gauders Boxen (wie der Berlina) einfach zu harsch, zu unharmonisch. Das nun hat sich mit den DARC Modellen offenbar geändert: die Harschheit scheint getilgt, allerdings offenbar um den Preis einer reduzierten Auflösung – obwohl der bemühte Vorführer nur relativ unproblematisches Material vorführte – Akustikgitarre, Sänger(innen) mit kleiner Band, nichts Komplexes – klang das in meinen Ohren insgesamt eher durchschnittlich. Gutes Hifi, ja. Aber für diesen Preis?

Wilson/Constellation

Alexx V

Es geht allerdings noch viel schlimmer. Was man an Wilson Lautsprechern finden kann, war mir, abgesehen von deren atemberaubender Hässlichkeit, immer ein Rätsel. Und das empfand ich auch bei dieser High End so. Hier waren es die sogenannten Alexx V – Paarpreis 188.000.- die zusammen mit Elektronik von Constellation und dcs ein Klangbild zeichneten, das nach meiner Meinung mit authentischer Musikwiedergabe bzw. Natürlichkeit rein gar nichts zu tun hat. (Zu) laute Bässe, unsaubere Mitten und überpräsente Höhen, insgesamt ein merkwürdig technischer, aufdringlicher Klang, der eigentlich nur Menschen gefallen kann, die ausschließlich in Hifi-Dimensionen denken und noch keine akustischen Instrumente gehört haben. Oder vergessen haben, wie sie klingen.

Boenicke

Boenicke W22

Damit wiederum ist Wilson das ziemlich genaue Gegenteil von Boenicke Audio. Der Schweizer Sven Boenicke ist ein audiophiler Überzeugungstäter, der seit vielen Jahren sein komplett eigenes Ding macht und mittlerweile auf einen eingeschworenen Kreis von Fans zählen darf. Im Gegensatz zum Power-Hifi, mit dem viele Hersteller auf dieser Messe protzten – nach dem Motto: je größer und teurer, desto besser – ist Boenickes Ansatz ein komplett anderer. Natürlichkeit ist sein wichtigstes Kriterium, und dass man dazu keine riesigen Lautsprecher braucht, hat er mit Modellen wie der winzigen W5 sehr eindrucksvoll bewiesen. Ehrlich: für mich privat mit beschränktem Budget wäre das ein heißer Kandidat. Auf der High End war er nun mit seinem neuesten und bisher wohl aufwendigsten Lautsprecher, der W22 zu Gast, natürlich an eigener Elektronik. Die Musikauswahl empfand ich in der Zeit, in der ich im Hörraum war, als nicht ideal, und anders als bei früheren Messen hatte ich auch – vielleicht lag es mit daran, dass ich einige Stunden zuvor die Tidal Bugatti gehört habe – nicht mehr dieses WOW-Gefühl. Guter Klang, ja, aber berührt hat er mich nicht sehr, was aber kein endgültiges Urteil ist. Müsste ich nochmal in Ruhe und unter besseren Bedingungen hören. Eines allerdings ist sicher: das schönste unter den Boenicke-Modellen ist die W22 nicht.

Kawero

Kawero Grande

Wer sich nun fragt, wer neben Tidal und Göbel noch zu meinen persönlichen TOP3 dieser Messe zählte: Kawero. (Nebenbei: mir fällt gerade auf, dass das alles deutsche Hersteller sind…)
Die Grande ist kein ganz neuer Lautsprecher – vorgestellt wurde er schon 2019 – aber einer, der in der Ultra High End Klasse ziemlich weit vorne mitspielt. Wie es sich gehört, erzeugt das 235 Kilo schwere, aus 2 Teilen bestehende Monstrum ein richtig großes Klangbild – aber, im Gegensatz zu Wilson&Co. eben ein edles, fein ausdifferenziertes. Man muss, das ist für mich ein wichtiges Kriterium, gar nicht sehr laut hören, um das meiste von der Musik mitzubekommen, und mit der Grande klingt das einfach ungeheuer lässig und souverän. Bin ziemlich lange drin geblieben, nicht zuletzt wegen der Musikauswahl….

Peak/Audionet

Peak und Audionet

Einige Erwartungen hatte ich, nicht zuletzt aufgrund guter Eindrücke audiophil bewanderter Hifi-Freunde, an den Auftritt des Spitzenmodells des dänischen Herstellers Peak, das zusammen mit Elektronik von Audionet vorgeführt wurde. Auch dieses, mehrerer Hunderttausend Euro teure Gespann klang für mich insgesamt enttäuschend – tonal unterkühlt, wenig dynamisch. Woran lag´s? Ob da irgendein Flaschenhals im System war? Schwer zu eruieren.

Lansche

Lansche Audio 3.2

Eine sehr positive Überraschung bot sich im Gegensatz dazu im Raum von Lansche. Mit dem Plasmahochtöner besitzt Rüdiger Lansche ja ein veritables Alleinstellungsmerkmal. Höhere Auflösung und schnellere Impulswiedergabe dürfte technisch kaum möglich sein als mit diesem Konzept. Zu 100% überzeugt haben mich seine Lautsprecher in der Vergangenheit dennoch nicht, was vor allem daran lag, dass die anderen Frequenzbereiche nicht wirklich nahtlos an den Hochtöner angebunden erschienen. Doch dieses Problem scheint Lansche mit der neuen 3.2 nun tatsächlich gelöst zu haben. Für die kompakte Größe zog die auch optisch sehr schön gemachte Box eine richtig große Bühne auf, mit unglaublich trockener und präziser Impulsverarbeitung, dabei tonal extrem sauber. Ein echtes, mit 22.000.- vergleichsweise sogar günstiges Meisterstück, das viele Freunde finden dürfte.

Kurz reingehört

Da meine Aufnahmefähigkeit begrenzt ist, konnte ich während der knappen 2 Tage natürlich nur einen Bruchteil der Räume besuchen. Viele der üblichen Verdächtigen wie Backes&Müller, Magico oder Marten habe ich mir gleich gespart, in andere habe ich (unterschiedlich) kurz reingehört. Dazu hier noch ein paar Eindrücke.

Canton Reference GS

Immer wieder deprimierend, was aus der Lieblingsfirma meiner Jugend, Canton, geworden ist.
Car-Hifi im Riesenformat habe ich darüber mal geschrieben, und das beschreibt auch den Klang des immerhin 25.000.- teuren Spitzenmodells Reference GS ziemlich gut.

Stenheim Reference Ultime Two

Top-Hifi bot sich im Raum des Schweizer Herstellers Stenheim, dessen Lautsprecher ich aber, wie viele andere, trotz ihrer Qualitäten als tonal etwas unterkühlt empfand. 150K für die Reference Ultime Two sind auch eine Ansage.

Wiener Lautsprecher Manufaktur -steht ja auch im Foto

Regelmäßig überzeugen mich dagegen die Produkte der Wiener Lautsprecher Manufaktur. Der Name mag altmodisch klingen, die Produkte sind es nur insofern, als sie bewährte Hifi-Qualitäten wie Authentizität hoch halten. Das mag nicht spektakulär klingen, ist aber sehr nah am Konzerterlebnis, zumindest wenn es um akustische Instrumente geht. Für Klassik- und Jazzliebhaber ein echter Tipp.

Venture QA 3

Ganz zum Schluss noch einen Eindruck aus einem der kleinen, im Erdgeschoss der Hallen befindlichen Hörkistchen. Die in Singapur ansässige Firma Venture hatte einen ihrer kleineren Aktivlautsprecher, die QA 3 aufgebaut, die, das wage ich zu prophezeien, von einem großen Vertrieb vermarktet rasch in den sogenannten Bestenlisten unserer Hifi-Magazine auftauchen würde – und damit auch bei den Händler zu finden wäre.

Aber das ist eine andere Geschichte.