Till Brönner spielte mit seiner Band beim Internationalen Jazzfestival im Theaterhaus
Cool und relaxed
Klar, dass der Neider hat. Till Brönner spielt so brillant Trompete wie derzeit kaum ein anderer, sieht dazu ziemlich gut aus und verkauft auch noch eine Menge Tonträger, was alles so gar nicht dem landläufigen Klischee des ranzigen armen Jazzers entspricht, der seine letzten Kröten zusammenkratzt um irgendwann eine eigene Platte zu machen. Brönners neue CD schaffte es gar, sensationell für ein Jazzalbum, auf Platz 6 der GfK-Album Charts – „The Good Life“ heißt sie, was durchaus passend erscheint für den smarten 45-Jährigen, dem gar die Ehre zuteil wurde, als einziger Deutscher zu Obamas Jazz-Gipfel ins Weiße Haus eingeladen zu werden. Brönner, der am Dienstagabend im ausverkauften T1 des Theaterhauses das Abschlusskonzert bei den Internationalen Jazztagen bestritt, ist gelungen, was ansonsten nur wenigen Jazzgrößen wie etwa Diana Krall geschafft haben: den Jazz mehrheitsfähig zu machen, ohne dabei seine Seele zu verkaufen. Sein Erfolgsrezept besteht dabei unter anderem darin, niederschwellige Angebote auch für jene Hörer zu machen, die von John Coltrane oder Charles Mingus nie etwas gehört haben, wobei Filmmusik und Pophits ebenso zu seinem Fundus zählen wie Fusionnummern oder dezent Elektrifiziertes. Doch auch wenn er den Jazz nicht neu erfindet, sich seiner Traditionen und Stile mehr bedient, als sie weiter zu entwickeln – was er macht, ist musikalisch von erlesener Qualität. Das Konzert beginnt mit einem Titel von Dave Grusin, Filmmusik aus die „Die 3 Tage des Condor“ im typischen Synthiesound der Siebziger, sehr cool, sehr relaxed – was durchaus für den gesamten Abend gilt. Denn auch wenn sich Brönner und sein fabelhafter Saxofonist Markus Lindgren an diesem Abend ab und an mal zu gegenseitigen solistischen Höhenflügen anspornen, so ist der Habitus der Band insgesamt insgesamt auf professionelle Zurückhaltung angelegt. Sorgen, es könnten Schweißflecken an Brönners Sakko zurückbleiben, sind so unbegründet, auch beim zweiten Stück, Wes Montgomerys „Bumpin´“, wo Brönner zu einem jener Soli ansetzt, die angesichts der Schwierigkeiten der Trompetentechnik immer wieder aufs Neue verbüffen. Mit einer geläufigen Leichtigkeit, die man ansonsten allenfalls von Pianisten oder Gitarristen kennt, surft da Brönner durch die Skalen und jongliert aberwitzig mit Arpeggien, und doch vermittelt sich bei aller spieltechnischen Brillanz niemals der Eindruck bloß technischer Geläufigkeit.
Etwa in der Mitte der ersten Hälfte greift Brönner dann zum Mikro. Plaudert ein wenig über Stuttgart und das Wetter und stellt seine Band vor, „ein Konglomerat meiner ziemlich besten Freunde“. Dazu teilt er kleine Seitenhiebe aus gegen die miesen Musicals von heute und lobt die guten von früher, namentlich jene von Cole Porter, und da mag man ihm kaum widersprechen. Auch nicht, wenn er von seiner Liebe zu Balladen schwärmt und dann eine hinreißende Version von Michel Legrands „Once Upon a Summertime“ mit einem butterweichen Flügelhornsolo folgen lässt. Ab hier nimmt der Abend Fahrt auf, gewinnt auch atmosphärisch an Dichte. Brönner macht einen kleinen Abstecher nach Brasilien mit Luisito Quinteros „Aquisas Coisas Todas“, wo er an die gute alte Tradition der singenden Trompeter anknüpft, dabei stimmlich allerdings eher an das schüttere Organ Chet Bakers denn an Louis Armstrong denken lässt. Angesichts der Perfektion seines Trompetenspiels wirkt Brönners Gesang in seiner Unbeholfenheit aber schon fast wieder charmant.
So geht der Abend lässig dahin. Schmusiges wechselt sich ab mit Groovigem, bei einem Potpourri aus Brönners CD „Blue Eyed Soul“ dürfen seine durchweg hochkarätigen Bandmitglieder, speziell der Pianist Jasper Soffers und der Gitarrist Bruno Müller, zeigen, was sie drauf haben. Mit „Wir spielen noch was Flottes“ kündigt Brönner dann die erste und einzige Zugabe an: „Happy“, Pharell Williams´ Sommerhit von 2013, und wer bis dahin noch keine gute Laune hat, bekommt sie spätestens jetzt.