Beiträge im Archiv Dezember 2022

Weihnachtsstimmung garantiert

22.
Dez.
2022

Das Konzert des Freiburger Barockorchesters im Mozartsaal

Woran´s bloß liegt, dass zur Erzeugung weihnachtlicher Gemütszustände meist Barockmusik gewählt wird? Möglicherweise steckt ja eine Art akustisches Framing dahinter: das riesige Repertoire an Weihnachtsmusiken aus dieser Zeit, angeführt von Bachs „Weihnachtsoratorium“, könnte dazu geführt haben, dass wir allein durch Cembaloglitzern oder Truhenorgelgesäusel in Verbindung mit winterlicher Witterung in besinnliche Festtagstimmung geraten.
Weihnachtskonzerte ohne Barockmusik jedenfalls sind selten. Und das war auch beim Konzert des Freiburger Barockorchesters mit Werken von J.S. Bach und Johann Kuhnau im gut besetzten Mozartsaal so. Kuhnau? Der dürfte wohl vor allem Pianisten ein Begriff sein. „Frische Clavier-Früchte“ überschrieb Kuhnau eine seiner Sonatensammlungen, und in vielen Sammelbänden und Klavierschulen finden sich Werke aus seiner Feder. Die Kirchenmusik von Bachs Vorgänger als Leipziger Thomaskantor, der auch als Wissenschaftler und Verfasser satirischer Romane berühmt war, ist heute freilich nur wenig bekannt. Zwar komponierte Kuhnau, wie später auch Bach, die Musik für Gottesdienste und kirchliche Feiertage überwiegend selbst. Doch zum einen ist davon wenig erhalten, zum anderen ist seine Autorschaft bei vielen der überlieferten Abschriften nicht gesichert.
Dazu zählt auch die Weihnachtskantate „Uns ist ein Kind geboren“, mit denen das FBO sein Konzert eröffnete. Ein apart instrumentiertes und in seiner Anlage auf italienische Einflüsse verweisendes Werk, das eine Zeitlang dem großen J.S. Bach zugeschrieben wurde. Dass es sich – von wem immer es auch stammen mag – auf jeden Fall um eine barocke Preziose handelt, zeigte das FBO auf eindringliche Weise. Dessen Qualitäten sind ja hinlänglich bekannt, und mit dem Chor Vox Luminis hat es sich einen Partner ausgesucht, das seiner instrumentalen Kompetenz auch in vokaler Hinsicht entspricht. Das von Lionel Meunier handverlesene Ensemble verfügt dabei über jene Homogenität und Transparenz, die auch den Orchesterklang auszeichnen, und da die Instrumente nach Kräften sprachaffin artikulierten, entstand hier ein Klangbild, das in puncto Beweglichkeit und Differenziertheit des Ausdrucks seinesgleichen sucht. Dass die aus dem Chor rekrutierten Solisten nicht alle auf demselben Niveau sangen, war da ebenso zu verschmerzen sein wie der Umstand, dass in größer besetzen Werke wie Kuhnaus Magnificat C-Dur, vor allem aber in Bachs Magnificat Es-Dur BWV 243a das quasi dirigentenlose Musizieren mitunter an seine Grenzen kam. Zwar strahlte der von der zentral platzierten Continuogruppe ausgegebene Puls bis in die Peripherie aus, auch der selbst mitsingende Lionel Meunier hatte seine neben ihm gruppierten Sänger immer im Blick. Rhythmisch freilich blieb hie und da schon mal was im Ungefähren und auch was die klangliche Austarierung anbelangt  – die trockene Akustik des Mozartsaals tat das Ihrige dazu – stellten sich mitunter leichte Disbalancen ein. Vorweihnachtliche Stimmung war jedenfalls, zumal nach der betörend schön musizierten Zugabe, garantiert: „Dona nobis pacem“ aus Bachs Messe h-Moll.