Beiträge im Archiv Februar 2019

Das Freiburger Barockorchester mit Mozarts frühen Sinfonien

17.
Feb.
2019

Keine Meisterwerke

Mozart war ein Wunderkind. Ein Satz, der wenig Widerspruch hervorrufen dürfte angesichts der zahlreichen Berichte über dessen unglaubliche Fähigkeiten – selbst wenn man berücksichtigt, dass Mozarts Vater Leopold durchaus geschickt darin war, die Karriere seines Sohnes mittels Legendbildung zu fördern.
Ob Mozart freilich das größte Wunderkind unter allen Komponisten war, darüber gibt es unterschiedliche Ansichten. Bei einer 2009 im britischen BBC Music Magazin veröffentlichten Umfrage unter den wichtigsten Musikjournalisten, bei der es um die Frage ging, wer vor seinem 18. Geburtstag die bedeutendsten Werke komponiert hat, landete Mozart nicht einmal unter den Top Ten. Erster war Mendelssohn, gefolgt von Schubert und Korngold.
Mit dem Konzert des Freiburger Barockorchesters im Mozartsaal hat dies nun alles insofern zu tun, als dabei vier der frühen Sinfonien Mozarts auf dem Programm standen, von denen er die erste, op. 16, mit acht Jahren komponiert hatte – eine kaum zu begreifende Leistung. Dennoch kann man sich fragen, ob diese Sinfonien auch aufgeführt würden, wenn sie nicht das Genie Mozart, sondern ein beliebiger anderer Komponist in reifem Alter geschrieben hätte. Denn Meisterwerke sind diese Stücke, anders als Mendelssohns Streichersinfonien oder Korngolds erstes Klaviertrio, trotz manch origineller Einfälle keineswegs, findet man darin doch allzu viele floskelhafte und harmonisch banale Wendungen. Ob man also beim Hören den Wunderkindaspekt ständig im Hinterkopf haben muss, um sie zu angemessen würdigen zu können? Das hellwache, klangliche geschärfte Musizieren des FBO konnte diese Fragen jedenfalls nicht ganz in den Hintergrund drängen, zumal man Mozarts Frühwerken mit Giuseppe Maria Cambinis drittem Flötenkonzert (tonschön gespielt von Daniela Lieb) und Johann Christoph Friedrich Bachs Sinfonia d-Moll offenbar bewusst Werke an die Seite gestellt hatte, die sich qualitativ davon nicht allzusehr abheben sollten. Insgesamt war das, gemessen an anderen Konzerten des FBO, ein eher mediokrer Abend.

Das Auryn Quartett spielte im Mozartsaal

08.
Feb.
2019

Fugato als roter Faden

 

Bis der Tod uns scheidet? Streichquartette wie das legendäre Amadeus Quartett, das 40 Jahre zusammenspielte blieb, bis es sich nach dem Tod des Bratschers auflöste, sind eine Ausnahme. Denn wie in allen festen Beziehungen – und das Quartettspiel ist eine sehr intensive Beziehung – kann es immer Krisen und Schickschalsschläge geben.
Das Auryn Quartett freilich, das nun im Kammermusikzyklus der SKS Russ ein eindrückliches Konzert spielte, dürfte gute Chancen haben, die vom Amadeus Quartett vorgelegte Marke zu übertreffen, denn trotz der mittlerweile 37 Jahre gemeinsamen Musizierens sind bei ihm keinerlei Ermüdungserscheinungen zu bemerken. Zwar spielen die Geiger Matthias Lingenfelder und Jens Oppermann, der Bratschist Stewart Eaton und der Cellist Andreas Arndt, anders als einige der jüngeren Streichquartette, die derzeit Furore machen, nicht im Stehen und auch nicht auswendig. Auch Improvisation und Crossover stehen nicht auf dem Programm. Doch was klassische Streichquartetttugenden anbelangt, bewegte sich dieser Abend auf einem selten zu hörenden Niveau.
Das begann schon mit der Programmdramaturgie: es war das Prinzip des Fugato, das sich wie ein roter Faden durch den Abend zog. Beginnend mit vier Sätzen aus dem Gipfelwerk der Fugenkunst, Bachs „Die Kunst der Fuge“, über das G-Dur Quartett KV 387 Mozarts, das im Finale Tanzweise und Fugenkunst grandios zusammenführt. Dem folgte Mendelssohns kontrapunktisch geprägter Geniestreich, das posthum veröffentliche (und technisch verflixt schwere) Capriccio e-Moll op. 81/3, das nach der Pause von einem weiteren Solitär, Beethovens Quartett cis-Moll op. 131, gekrönt wurde. Böte allein der Luxusklang des auf erlesenen Instrumenten spielenden Auryn Quartetts schon Anlass zum Schwärmen, so gilt das für die gleichzeitig aufs Detail wie die große Form abzielende, ganz auf die Vermittlung musikalischer Essenz konzentrierte Quartettkunst der Auryns noch mehr. Zwei Zugaben: das Andante aus Haydns op. 64/4 und ein Tango von Strawinsky.