Das vierte Abokonzert des Stuttgarter Kammerorchesters

26.
Feb.
2014

Auf zu neuen Ufern

Lange Zeit stand es nicht gut um das Stuttgarter Kammerorchester. Versuche mit historischer Aufführungspraxis blieben fruchtlos, interne Querelen resultierten in Dienst nach Vorschrift. Weder peppige Werbekampagnen („Schwabenstreicher“) noch öffentliche Aktionen wie Musizieren in der Fußgängerzone konnten kaschieren, dass das Traditionsensemble künstlerisch stagnierte.
Doch nun geht es wieder voran. Das Orchester hat eine neue Intendanz und mit Matthias Foremny auch einen neuen Chefdirigenten – und der scheint verstanden zu haben, dass ein Kammerorchester, das zur Spitze gehören will, sich nicht nur programmatisch, sondern vor allem künstlerisch profilieren muss. Was das bedeutet, konnte man beim vierten Abokonzert im Mozartsaal hören. Die kurze Sinfonie B-Dur KV 22, ein Geniestreich des gerade mal neunjährigen Mozart, muss man nicht unbedingt spielen – aber wenn sie derart frisch und pointiert musiziert wird wie hier, ist das Hören ein Vergnügen. Foremnys Dirigierstil ist körperbetont, plastisch, in jeder Phrase ringt er um distinkten Ausdruck: Bloss keine Routine! Dass sich das Orchester davon derart anstecken lässt, dürfte auch mit dessen personeller Runderneuerung zusammenhängen. An vielen Pulten sitzen mittlerweile junge, engagierte Musiker, die den Ensembleklang merklich verändert haben. Und eine klangliche Signatur ist das, was dem Kammerorchester mit am dringlichsten gefehlt hat. Griffig, kompakt, im Vergleich zu früher deutlich brillanter – in Bernd Alois Zimmermanns reizvoll historisierendem „Konzert für Streichorchester“ zeigten sich schon einige Facetten dieses neuen Klangs.
Gespannt war man auf den jungen, vielfach mit Preisen ausgezeichneten Pianisten Alexej Gorlatch. Der enthielt sich in Mozarts Klavierkonzert Es-Dur KV 271 aller Manierismen, bemühte sich um schlüssiges Phrasieren und konnte gleichwohl den Eindruck einer gewissen Beliebigkeit nicht ganz verhindern: an artikulatorischer wie klanglicher Vielfalt ginge da noch mehr.
Zum Schluss Peteris Vasks Streichersinfonie „Balsis“ („Stimmen“). Der am Konzertabend anwesende Komponist wollte in dem knapp halbstündigen Werk vom Universum über die Schöpfungsgeschichte bis zum humanen Appell an die Menschheit viele große Themen in allgemeinverständlicher Weise abhandeln, was dem Stück nicht gut bekommt: vieles wirkt da einfach platt. Große Kunst bewahrt sich immer eine Aura, einen Rest von Geheimnis. (StZ)

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