Beiträge der Kategorie ‘Gastrophilie’

Restaurantkritik Ocakbasi Kernen

20.
Aug.
2013

 Türkisch Essen im Remstal

 Das Restaurant Ocakbasi in Kernen ist ein Tipp für Freunde von Grillgerichten

 Vereinslokal? Kulinarisch bedeutete das einst Jägerschnitzel, Pommes frites oder Bratwurst, bevor diese mit der Zeit von Pizza und Pasta verdrängt wurden. Dass aber die Vereinsgastätte eines deutschen Musikvereins wie dem aus Kernen-Rommelshausen einen türkischen Betreiber hat, dürfte noch eher selten sein. Doch die Geschmäcker wandeln sich. Und die Familie Ekinci, die das Lokal vor drei Monaten übernommen hat, besitzt gastronomische Erfahrung, denn der Küchenchef Hamza Ekinci war einige Zeit Chefkoch im Stuttgarter Sultan Saray Restaurant.
Das auf einem Hügel neben den Sportplätzen gelegene Lokal besteht aus einer großen Terrasse und zwei Räumen. Der mit einer Falttür abtrennbare Probensaal des Musikvereins wird nur bei starkem Besucherandrang geöffnet, dann steigt die Kapazität des Restaurants auf rund 300 Plätze, man fühlt sich darin aber fast wie in einer Turnhalle. Im kleineren Gastraum sitzt man dagegen gemütlich: Die neuen Betreiber haben ihn renoviert und versucht, mit entsprechenden Lampen, roten Kissen und goldenen Spiegeln orientalische Atmosphäre zu schaffen. Das ist gut gelungen, wenn man mal von den Kunstledersesseln absieht, die früher – der Aufdruck weist darauf hin – in einem chinesischen Lokal gestanden haben.
Ocakbasi heißt „Holzkohlengrill“ – und ein solcher bildet auch das Zentrum des Restaurants, das dementsprechend seinen Schwerpunkt auf Grillgerichte in allen Variationen legt. Nun ist Grillen eine Kunst – mancher Wochenendbrutzler und Steakschwärzer kann ein Lied davon singen. Doch der Ocakbasi-Grillmeister versteht sein Handwerk. Sowohl der Hähnchenspieß (11,50) als auch die Lammleber (10,90) sind zart und perfekt gewürzt, dabei bilden die durch Grillhitze generierten Röstaromen zusammen mit dem dezenten Holzkohlengout jenes typische Geschmacksbild, das Grillfans das Wasser im Munde zusammenlaufen lässt. Nicht so recht überzeugen kann dagegen der etwas fahl schmeckende gegrillte Calamaris (12,50), der den Verdacht auf Tiefkühlware aufkommen lässt. Tadellos ist dagegen das geschmorte Lammfleisch der mit Reis und Gemüse servierten Hirtenpfanne (12,90).
Kulinarisch interessanter sind bei der türkischen Küche aber ohnehin die Vorspeisen, und hier kann das Ocakbasi richtig auftrumpfen. Ein Feuerwerk an frischen Aromen bietet die Vorspeisenplatte für eine Person (9,90), die mit 12 (!) verschiedenen Leckereien, darunter diverse Pasten und Dips, gefüllte Weinblätter und eingelegte Böhnchen klotzt und locker für zwei Personen reicht. Weniger originell ist die Dessertauswahl, von denen uns aber das „Warme Engelshaar mit Mozzarella und Eis“ (4,90) neugierig macht – was wir nicht bereuen. Da das Ocakbasi obendrein auch eine gute Auswahl an interessanten türkischen Weinen offeriert und der Service aufmerksam und freundlich ist, kann sich ein Ausflug ins Remstal durchaus lohnen. (StZ)

Ocakbasi Konak Restaurant

Kelterstrasse 90, 71394 Kernen-Rommelshausen. Geöffnet Dienstag-Freitag von 11-24 Uhr, Samstag 12-01 Uhr, Sonntag 9-22 Uhr. Montag Ruhetag. Tel. 07151-3698697.

www.konakocakbasi.com

Küche ***
Service ***
Ambiente ***

Restaurantkritik Cantinetta

06.
Jan.
2013

Abseits vom Italo-Standard

Wer einmal auf eigene Faust durch Italien gereist ist, der kennt die kleinen Osterias und Trattorias mit ihrer bodenständigen, von regionalen Produkten dominierten Küche. Zurück in der Heimat, erinnert man sich spätestens dann sehnsüchtig an deren geschmackliche Vielfalt, wenn man beim örtlichen Italiener wieder vor die Wahl zwischen Pizza, Pasta und Grilldorade gestellt wird.

Dass die italienische Küche mehr zu bieten hat als die üblichen Standardgerichte, das wollen der Gastronom Martin Bauer und der Koch Daniele Brillo beweisen, die im April das Restaurant Cantinetta unweit des Mailänder Platzes neu eröffnet haben: zum Konzept ihres kleinen Lokals gehört es, alle 4-5 Wochen eine andere Region Italiens mit deren typischen Gerichten vorzustellen.

Bei unserem Besuch heißt das Thema „Veneto“, die nordöstliche Provinz zwischen den Dolomiten und dem adriatischen Meer. Kulinarisch ein weites Feld. Wir probieren als Vorspeisen die Bohnensuppe mit Nudeln (6,50), ein deftig-delikater Magenwärmer, von der Stammkarte ordern wir „Burrida“ (9,50), in Weißweinessig marinierten, mit einer Panade aus gehackten Walnüssen überzogenen Schwertfisch: Eine Delikatesse, die man so schwerlich woanders finden dürfte. Typisch venezianisch ist der leicht-aromatische Risotto mit Radicchio (13,50), bei dem die Küche, passend für ein Zwischengericht, mit Käse mehr gegeizt hat als mit Rotwein. Die gebackene Kalbsleber (15,50) wurde nicht von der typischen Polenta, sondern von einem herzhaften Kartoffelpüree begleitet, dessen naturgemäß pastose Textur sich der Koch offenbar zum Vorbild für die zentimeterdick mit Zwiebeln belegte, dazu nur zaghaft gewürzte Leberscheibe genommen hat – das erinnerte arg an Schonkost. Hocharomatisch schmeckten dafür die Tagliolini in Limonensauce mit Steinbutt (9,50), bei denen die frische Säure der Sauce gut mit dem perfekt gegarten Fisch harmonierte. Ein typisches Beispiel für die im Cantinetta gebotene Landküche ist auch das aufgeschnittene Rindfleisch mit Rucola, Parmesan und Steinpilzen (19,50) – zusammen mit dem gereichten Brot und dem toskanischen Rotwein ein schlichter, ehrlicher Genuss.

Potential gibt es noch bei den Nachtischen. Denn das auf Nachfrage angebotene Tiramisu und die Panna Cotta zählen genau zu dem Italo-Standard, von dem sich die Speisekarte ansonsten abheben will. Gut ausgewählt sind die offen angebotenen Weine aus Italien und von den Fellbacher Weingärtnern, die mit 5 bis 8 Euro für 0,2l obendrein freundlich kalkuliert sind.

Chichi findet man im Cantinetta weder auf den Tellern noch beim Ambiente. Die ehemals deutsche Gaststätte – der rustikale Fliesenboden und einige Bleiglasfenster zeugen noch davon – ist dezent und geschmackvoll renoviert worden, die schlichten kleinen Tische sind weiß eingedeckt.

Bleibt noch, den überaus aufmerksamen wie freundlichen Service zu loben und darauf hinzuweisen, dass das Cantinetta bis zum 06. Januar geschlossen hat. Danach widmet man sich gastronomisch dem Piemont.

Restaurant Cantinetta. Tunzhofer Str. 3, 70191 Stuttgart, Telefon 0711/12 85 95 71.

Geöffnet Montag bis Samstag von 18:00 Uhr bis 23:30 Uhr, Mittagstisch Montag bis Donnerstag, 11:30 Uhr bis 14:30 Uhr. www.cantinetta-stuttgart.de

Restaurantkritik „La Bruschetta“ in Feuerbach

02.
Okt.
2012

Am besten sind die Vorspeisen

Gute Ansätze, aber bei den Hauptgerichten hapert es: Das „La Bruschetta“ in Feuerbach will italienische Küche „alla mamma“ anbieten.

Es ist ein Lokal vom Typ „Italiener um die Ecke“, das Ristorante „La Bruschetta“ in Feuerbach – an der Ecke genauer gesagt, liegt es doch exakt an der Kreuzung von Stuttgarter Straße und Salzburger Straße. Früher war hier eine Kneipe namens „Roseneck“, die die Familie Sammarco nach eingehender Renovierung vor einem guten Jahr als Restaurant neu eröffnet hat. Im dessen vorderem Teil sitzt man gemütlich auf roten Kunstlederbänken an großen Tischen, das schummrige, mit allerhand Nippes vollgestellte Nebenzimmer im hinteren Teil lässt dagegen noch Raum für weitere Verschönerungen.

Neben der gedruckten Karte bekommen wir noch eine kleinere Tageskarte gereicht: die mit Spargel und Mozzarella gefüllten Rouladen klingen verheißungsvoll, sind aber laut Aussage des Kellners schon aus – dabei ist es noch recht früh am Abend und außer unserem ist nur noch ein Tisch besetzt. So lassen wir uns erst mal – ein Muss bei dem Restaurantnamen – als Vorspeise die Bruschetta-Variationen (4,50 Euro) und eine Portion gegrilltes Gemüse (8,50 Euro) bringen. Und wir sind begeistert: die neben der üblichen Tomaten-Variante mit diversen, frisch zubereiteten Pasten belegten Bruschette sind eine Delikatesse, und auch die hauchdünnen marinierten Zucchini- und Auberginenscheiben, zu denen handwarmes Pizzabrot aus dem Ofen gereicht wird, kann man kaum besser machen. Irritierend ist bloß, dass man statt Tellern für die Vorspeisen kleine Untersetzer vorgesetzt bekommt.

Das „La Bruschetta“ ist ein Familienbetrieb. Sohn Pasquale kümmert sich freundlich und aufmerksam um den Service, die Arbeit in der Küche teilen sich Mutter Linda – die schon einige Erfahrung in der Gastronomie hat – und Vater Pino. Der ist an diesem Abend fürs Kochen zuständig, und wir sind einigermaßen überrascht, als wir als Beilage zu den Kalbsschnitzeln in Weißweinsauce (15,50 Euro) exakt die gleichen marinierten Gemüse bekommen, die wir schon als Vorspeise gegessen haben – ein Fauxpas, ganz abgesehen davon, dass die kräftigen Aromen nicht mit den zarten Scaloppine harmonieren, deren Zubereitung obendrein handwerkliche Mängel in der Küche offenbart: die Sauce ist offenbar mit Bindemittel zu einer undelikaten Pampe eingedickt worden und schmeckt leicht bitter nach angebranntem Knoblauch. Der gegrillte Fisch  (16,50 Euro) ist gleichermaßen trocken wie faserig-zerfallen, was auf die Verwendung von Tiefkühlware hindeutet, auch als Beilagensalat könnte man Ansprechenderes erwarten als eine Schüssel mit klein geschnittenem Eissalat und Karotten. Die knusprige Pizza mit Salsiccia (9,50 Euro) ist dagegen auf solidem Niveau, während wir die merkwürdig feste, mit süßlich-klebriger Karamelsauce bedeckte Pannacotta mit Caramel (2,90 Euro) nach dem Probieren lieber stehen lassen. Wirklich überzeugen konnte an diesem Abend neben den Vorspeisen nur der Wein: ein 2011er Sauvignon Blanc vom Weingut Mock (30,50 Euro).

 

 

Frank Armbruster

 

Ristorante La Bruschetta, Stuttgarter Straße 196, 70469 Stuttgart-Feuerbach.

Tel. 411 53 898. Täglich geöffnet von 12.30-14.30 (Mittagstisch) und 17.30 und 23 Uhr.

 

Bewertung

 

Küche **

Service ***

Ambiente **

Restaurantkritik Adis Edelmann Stuttgart-Ost

20.
Aug.
2012

Wo Fritten Edelmänner sind

„Schmeckt sauguad!“ entfuhr es spontan meinem siebenjährigen Co-Testesser, als er die ersten Adis Edelmann-Pommes frites verspeist hatte, und seine Begeisterung kannte kaum noch Grenzen, als der Kellner auf die Bitte nach Ketchup in einem Korb ein Ensemble diverser Heinz-Saucen servierte. Man erlebt es ja häufig, dass sich auch gehobene Restaurants mit Kinderessen wenig Mühe geben, insofern ist die Bezeichnung „Gesalzene Edelmänner“(3,80 Euro) für die handgeschnittenen, knusprig gebräunten und mit Meersalz gewürzten Fritten durchaus angemessen. Vor einem Jahr wurde das Adis Edelmann eröffnet, und bei unserem abendlichen Besuch ist sein großer, über 200 Plätze fassender Biergarten gut gefüllt. Man sitzt hier gemütlich zwischen Linden und Kastanien, die sauberen Holztische sind mit Kräutertöpfchen dekoriert, eine Relax-Ecke mit Liegestühlen lädt zum Abhängen ein. Das Restaurant selbst ist in coolem Lounge-Stil gehalten, mit schwarzen Ledersesseln und orangefarbener Beleuchtung – ein richtig schicker Laden, der auch der SKG Gablenberg als Vereinslokal dient.

Dass das Konzept des Lokals aufgeht, liegt aber vor allem daran, dass man hier einen überzeugenden Weg zwischen Bodenständigkeit und kulinarischem Anspruch gefunden hat, der den Ansprüchen eines unterschiedlichen Publikums gerecht wird. Die Sommerkarte, so wurde uns erklärt, sei dabei schlichter als die außerhalb der Gartensaison, hebt sich aber trotzdem ab vom üblichen Biergarteneinerlei. Die Albleisa (4,10 Euro) sind leicht angeröstete Brote mit einer Curry-Linsen-Creme – nichts Spektakuläres, aber von ebenso tadelloser Produktqualität wie das mit frischen Tomaten und Parmesanspänen belegten Bruschetta (4,20 Euro). Auch Standardgerichten wie Maultaschen oder Wiener Schnitzel gewinnt man hier noch neue Facetten ab: Die Bezeichnung „Ta-schen“ ist eine Anspielung auf die in Wan-Tan-Manier ausgebackenen, mit köstlichem Brät gefüllten Maultaschen, die den bunten Salat (9,80 Euro) trefflich zieren. Das Parmesanschnitzel mit Preiselbeeren (11,90 Euro) bringt eine italienische Note in den Klassiker aus Omas Küche. Vegetarierern sei die köstliche Auberginenlasagne (8,90 Euro) ans Herz gelegt, Fleischliebhabern der fabelhafte Zwiebelrostbraten (17,80): ein mürbes, saftiges Trumm von Rindfleisch auf einem leichten, mit Rotwein abgelöschtem Fond, dazu Rosmarinkartoffeln. Dass diese, einer weit verbreiteten Unsitte gemäß, ungeschält sind, lässt sich verschmerzen, zumal, wenn man danach noch an der Mangocrème im Gläsle (4,90 Euro) samt Schokoladeneis naschen darf. Der Service ist auf Zack, verbessern lässt sich dagegen die Weinkarte: nicht nur was die Deklaration, sondern auch was die Auswahl der Weine anbelangt, könnte eine Beratung von kompetenter Seite das Niveau des Adis Edelmann deutlich heben. Man will hier schließlich mehr als bloß ein Biergarten sein.

(Stuttgarter Zeitung)

 

 

Adis Edelmann

Albert-Schäffle-Str. 6
70186 Stuttgart

Tel.: 0711-64518045

Öffnungszeiten:

Mo-Sa ab 17:00 Uhr, So ab 12:00 Uhr

www.adis-edelmann.de

Restaurantkritik Das Piri Reis auf der Waldebene Ost

02.
Aug.
2012

Ein Vereinslokal als orientalischer Traum

Deftiges aus dem Holzofen: Das Piri Reis auf der Waldebene Ost bietet bietet osmanische Küche

Vom Abend- ins Morgenland sind es nur ein paar hundert Meter durch die Waldebene Ost. Wer dann das Restaurant Piri Reis betritt, fühlt sich in eine andere Kultur versetzt: Von den arabisch anmutenden Lampen über die mit Orientteppichen bezogenen Polster bis zur Wanddekoration ist hier alles wie aus 1001er Nacht eingerichtet – das Ergebnis einer umfangreichen Renovierung, im Zuge derer aus dem einst tristen Vereinsheim nun ein kleiner orientalischer Traum geworden ist, mit einem gemütlichen großen Gastraum und einem kleineren, zeltähnlichen Anbau für die warme Jahreszeit. Zwar ist das im letzten Frühjahr eröffnete Restaurant auch die Vereinsgaststätte des türkischen Sportvereins SV Özvatan. Doch vor allem am Wochenende, wenn hier türkische Musiker spielen, zieht das Piri Reis (dessen Name sich auf einen osmanischen Seefahrer bezieht) auch ein erkleckliches Publikum von außerhalb an.

Die Küche des Piri Reis, so erklärt der Betreiber Akdeniz Refik, ist osmanisch ausgerichtet. Eine Attraktion ist dabei der große Holzofen, in dem nicht nur Klassiker wie Lammkeule und Pide zubereitet werden, sondern auch köstliche Schmorgerichte: wie das Kalbfleisch mit Auberginen, Zucchini, Tomaten und Paprika im Tontopf (11,90 Euro), ein aromatischer Eintopf aus Fleisch und kräftig gewürztem Gemüse, wie man ihn aus Mittelmeerländern in unterschiedlichen Varianten kennt. Auch Grillgerichte findet man einige auf der Karte des Piri Reis. Den Fleischspießen auf dem gemischten Grillteller (14,90) allerdings hat die Hitze merklich zugesetzt, auch das Lammkotelett wirkt mitgenommen. Ein begleitender Dip könnte da, auch angesichts ebenfalls eher trockener Beilagen wie Reis oder Pommes frites, das Essvergnügen steigern. Nämliches gilt für das Lamm aus dem Holzofen (21 Euro): das zarte, aromatische Fleisch wird auf einem Teller Reis serviert, garniert mit einem dicken Zwiebelring, Tomatenscheiben und rohen Paprika. Deftige, wohlschmeckende Landküche, der etwas kulinarische Raffinesse gleichwohl nicht schaden würde. Die findet man im Piri Reis bei den Vorspeisen: Vor allem die diversen, feinen Pasten auf dem kleinen Vorspeisenteller (7,50 Euro) erfreuen den Gaumen mit frischen Minze- und Korianderaromen. Die Auswahl an Gerichten ist im Piri Reis groß, von den fünf Nachtischen auf der Karte waren an diesem Abend aber nur zwei zu bestellen, darunter das süß-nussige Halva aus dem Ofen (5,50 Euro): eine genussvolle Möglichkeit, eventuelle Leerstellen im Magen auszukleiden.

Mit Rücksicht auf jugendliche Sportler und muslimische Sitten wird im Piri Reis kein Alkohol ausgeschenkt. So muss man sich mit Wasser, Säften oder Soft Drinks begnügen. Eine Warnung sei an dieser Stelle ausgesprochen: Salgam Doaganay soll im osmanischen Kulturkreis ein Nationalgetränk sein. Für hiesige Geschmäcker ist das herbe Gebräu aus Steckrübensaft hingegen eine echte Mutprobe.

 

Piri Reis. Restaurant & Cafè. Waldebene Ost 231, 70186 Stuttgart.

Tel. 0711/470 80 48. Geöffnet bis 23 Uhr, Freitag und Samstag bis 3 Uhr. Montag & Dienstag Ruhetag. www.pirireis.de

 

Restaurantkritik Campioni in Ostfildern-Kemnat

01.
Jul.
2012

Von üblicher Vereinsgastronomie weit entfernt: das Campioni in Kemnat orientiert sich an gehobener italienischer Küche

Nein, per Zufall kommt man nicht ins „Campioni“. Am Rande des Kemnater Industriegebiets, nahe an den Feldern liegt das italienische Restaurant, das zusammen mit der Kemnater Tennishalle im letzten Herbst neu eröffnet hat. Die neuen Betreiber Gabriele Pontillo und Christian Volpe haben das Lokal von Grund auf renoviert, und die Einrichtung ist nun eine gelungene Mischung aus deutscher Gemütlichkeit mit italienischem Charme: das Zentrum des Raums bildet eine große Theke, die rustikalen Holzbalken an der Decke bilden einen Kontrast zu den schön eingedeckten, dunklen Holztischen. Im Sommer kann man auf der Terrasse draußen sitzen, der große offene Kamin dürfte seine Vorzüge eher in der Wintersaison ausspielen. Durch eine Glasscheibe blickt man direkt auf die Tennisplätze – wer das nicht schätzt, kann sich aber einfach in eine andere Ecke setzen. Wer nun meint, dass im „Campioni“ simple Sportlerkost angesagt ist, der täuscht sich. Was hier serviert wird, kann durchaus mit den sehr guten Italienern in Stuttgart mithalten. Und das ist kein Zufall: Denn der Mitinhaber und Koch Gabriele Pontillo hat bereits in renommierten Restaurants wie Oggi, da Maurizio oder La Scala gekocht und will auch in Kemnat diesen Anspruch aufrechterhalten. Tatsächlich gab es nicht einen einzigen Ausfall bei den von uns bestellten Gerichten. Vitello Tonnato (9,50 Euro) ist ein Klassiker, den man fast überall bekommt, aber derart zartes Kalbfleisch mit einer solch perfekt abgestimmten Sauce muss man lange suchen. Der Meeresfrüchtesalat (10,50 Euro) könnte intensiver mariniert sein, die Frische aber ist tadellos: man meint fast das Meer zu schmecken. Natürlich muss es in einem italienischen Vereinsrestaurant auch Pizza geben, und die ist im „Campioni“ ein Gedicht: die Pizza Calabrese (7,50 Euro) hat einen dünnen Boden mit knusprigem Rand und feinem Belag.

Der filetierte Wolfsbarsch vom Grill an Gemüse (18,50 Euro) ist tadellos, die Kräuterwürzung deckt dabei das feine Fischaroma nicht zu. Noch nachhaltiger blieben uns die Tagliatelle mit Rinderfiletspitzen an Kirschtomatensauce (9,50 Euro) in Erinnerung: ein perfekter Dreiklang von zartem Fleisch, Nudeln und einer wunderbar konzentrierten Tomatensauce.

Auch die Nachspeisen halten das hohe Niveau. Sowohl die Cassata Siciliana (4,50 Euro), vor allem aber die Crème brulée mit Orangen (5,50Euro), auch wenn das eine Anleihe aus der französischen Küche ist. Die Freude am guten Essen wird moch gesteigert von einem aufmerksamen und freundlichen Service. Und wie es sich für einen guten Italiener gehört, gibt es sowohl eine ausreichende Auswahl an Flaschenweinen wie an glasweise ausgeschenkten Weinen, die mit Preisen zwischen 3,50 und 6,50 Euro für 0,2 l obendrein fair kalkuliert sind. Das I-Tüpfelchen ist aber der koffeinfreie Espresso (2 Euro). Den findet man nicht auch bei Edelitalienern nur selten.

 

Ristorante Campioni, Schönbergstr. 38, 73760 Ostfildern (Kemnat). Tel. 0711 / 162 205 33. Warme Küche täglich von 11.30 – 23 Uhr. Mittagskarte. www.ristorante-campioni.de

(Stuttgarter Zeitung)

 

Restaurantkritik Van in S-Vaihingen

26.
Nov.
2011

Nachtrag

Nachdem ich nun einige Zeit nicht mehr im Van war und auf diversen Foren negative Einschätzungen gelesen habe, habe ich vor einigen Tagen dem Van mal wieder einen Besuch abgestattet, der leider bestätigte, dass das einst so ausgezeichnete Restaurant stark nachgelassen hat. Ich bestellte 2 typische Thai-Gerichte. Die Suppe mit Kokosmilch und Hühnerfleisch war  leicht versalzen war und aromatisch unausgewogen, als hätt hier niemand abgeschmeckt, das Thai-Curry dagegen ließ die Aromenvielfalt, die solche Currys ansonsten haben, komplett vermissen – es schmeckte fast wie beim Standardchinesen. Dazu funktioniert im Lokal offenbar der Abzug nicht: am nächsten Tag musste ich sämtliche Klamotten wegen des Fettgeruchs in die Waschmaschine geben. Sehr schade! Dabei ist das so eine schöne Lokalität. Rappelt Euch, Van! (13.12.2012)

 

Van. Schön sitzen und sehr gut essen: In dem Asia-Lokal unweit des Vaihinger Zentrums kann man beides

Asia-Lokal? Sind das nicht jene gastronomischen Schnellabfertigungsbetriebe, bei denen zwischen Thailand und China oft nicht mehr als eine Würzmischung liegt? Nicht im Fall des Restaurants Van in Stuttgart-Vaihingen. Denn Tuan Van, der das im Mai neu eröffnete Lokal nicht nur betreibt, sondern auch in der Küche verantwortlich ist, hat die spezifischen Zubereitungsarten der Gerichte aus Thailand, China, Kambodscha, Vietnam und Indonesien von der Pike auf gelernt. Dass sich der hohe Anspruch des gebürtigen Vietnamesen aber nicht nur auf die Qualität des Essens beschränkt, merkt man gleich Betreten des Lokals. Dessen Gestaltung ist von fast japanisch anmutender Ästhetik: schwarze Holztische und weiß gekalkte Wände, einzelne Elemente aus Bambusrohr, dazu Orchideen und eine dezente indirekte Beleuchtung – alles ist mit viel Liebe zum Detail gestaltet und fernab von jeglichem Asiakitsch.

Angesichts des reichhaltigen Angebots auf der Karte fällt die Auswahl schwer. Wir beginnen mit drei Vorspeisen: einer klassischen thailändische Suppe mit Hühnerfleisch (3,20 Euro), vegetarischen Herbstrollen (2,50 Euro) und Bo Luc Lac, einer vietnamesischen Spezialität: ein Salat aus mariniertem Rindfleisch (6,90) Euro), bei dem der angegebene Feldsalat allerdings – etwas unpassend – durch große Kopfsalatblätter ersetzt wurde. Ansonsten gibt es aber nichts auszusetzen. Dezent scharf und fein abgestimmt die Suppe, tadellos die kleinen Röllchen mit einem feinen, süß-sauren Dip, das Rindfleisch mürbe und bis in die Fasern von Gewürzaromen durchzogen.

Noch besser aber wird es bei den Hauptgerichten. Bekanntlich ist speziell die Thaiküche ja eine Schnellküche, bei der die Gerichte weitgehend standardisiert sind. Umso mehr kommt es auf die Ingredienzen und deren Zubereitung an, und da zahlt es sich aus, dass der Koch seine Currypasten selber stampft und nur frische Zutaten verwendet. Eine wahre Aromenexplosion ist die Ente mit Kokosmilch, Thai-Auberginen, Limettenblättern und Gemüse in Panang-Soße (12,90 Euro): die Röstaromen der knusprigen Kruste bilden einen wunderbaren Kontrast zu der fruchtig-frischen Soße, deren Schärfe von der Kokosmilch nur wenig gedämpft wird. Auch das Hühnerbrustfilet mit Kokosmilch, Süßkartoffeln und gelbem Curry (8,90 Euro) lebt vom Kontrast zwischen Süße und Schärfe, das Gemüse ist dazu auf den Punkt gegart. Die Nachtischauswahl beschränkt sich auf Klassiker wie gebackene Bananen mit Honig und Sesam (2,90 Euro) – wer´s mag. Ungewöhnlich ist dafür die kleine, feine Weinauswahl mit Empfehlungen, welcher Tropfen zu welchen Gerichten passt. Angesichts der moderaten Preise und des erlesenen Ambientes ist das Van ein echter Tipp.

Restaurant Van Katzenbachstrasse 46, 70563 Stuttgart-Vaihingen.

Tel. 70 72 72 92. Täglich geöffnet von 11 bis 15 und 17 bis 23 Uhr. Mittagsmenüs.

(Stuttgarter Zeitung)