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Kann man Kabel hören?

18.
Apr.
2011

Strippenziehen

Es dürfte wohl kaum noch passionierte Audiophile geben, die Kabeln und Stromversorgung keine Aufmerksamkeit widmen, selbst wenn sich in einschlägigen Internetforen die Fraktion der Kabelklangskeptiker immer noch ihre festzementierten Vorurteile behauptet. Doch zugegeben: das Thema ist derart komplex, dass es Spekulation wie Geschäftemacherei Tür und Tor öffnet. Die Preiskalkulation bei High-End-Kabeln ist kaum nachzuvollziehen, und mit entsprechend forcierter Werbung, gekauften Testberichten und entsprechender Imagebildung lässt sich schnelles Geld verdienen.
Bei Kabeln sind Unterschiede zwar im Hörtest nachzuvollziehen, durch die Vielzahl an möglichen Anlagenkonstellationen aber schwer zu objektivieren. Dazu kommt der bei Hörvergleichen nicht zu unterschätzende Faktor der Autosuggestion, den auszuschalten selbst Profis schwer fällt. Man weiß, dass da jetzt ein megateures Kabel aus dem Edelholzkistchen dranhängt – und flugs ist  man schon etwas erwartungsfroh gestimmt. Da helfen im Zweifelsfall nur Blindtests – die aber auch ihre Tücken haben.

Lautsprecherkabel

Ich lege deshalb Wert darauf, hier keine allgemeingültigen Aussagen über das Thema zu treffen, sondern nur über meine persönlichen Erfahrungen zu schreiben. Für das Thema sensibilisiert wurde ich erst Ende der 90er Jahre, als die Kabeldiskussion in den entsprechenden Fachzeitschriften so richtig in Gang kam. Davor hatte ich an meinen Dynaudio Contour 3.3. ein Paar günstige Mogami Ultra Pure, vom Händler als ordentliches Kabel angepriesen,  ohne weitere Hörvergleiche angeschlossen. Als Cinchkabel an meinem kleinen Accuphase E-210 dienten zur Verbindung mit einem Sony CD-Spieler ein Audioquest Kabel.
Aber dann wollte ich es wissen und lieh mir mehrere Testpaare mittelpreisiger LS- und NF-Kabel, darunter ein Straight Wire Rhapsody, eines von HMS. Um keinen autosuggestiven Täuschungen aufzusitzen, holte ich mir meinen Freund Tom Krüger, seines Zeichens Tonmeister zu Hilfe. Das Ergebnis war für uns beide frappierend. Sofort nach Anschließen des ersten LS-Kabels bot sich ein in allen Belangen verbessertes Klangbild: mehr Feinauflösung, mehr Farben, bessere Räumlichkeit. Ich kaufte dann das Straight Wire und war ein paar Jahre froh damit. Die Tests von Cinchkabeln brachten dagegen kaum Unterschiede.
Irgendwann tauschte ich das „Rhapsody“ gegen ein deutlich teureres „Virtuoso“, immer noch mit der gleichen Anlagenkonfiguration – auch dieses Update war sofort deutlich zu hören.

Richtig los ging es dann, als ich die Dynaudio Confidence 5 erworben hatte und diese dann mit besserer Elektronik immer weiter ausreizte. Ich probierte erst ein Straight Wire Crescendo: ein Kabel, das den Klang stärker verändert als alle Kabel, die ich bis heute kennengelernt habe. Der Spitzname zuhause war wegen seiner erheblichen Dicke „Python“. Es war, als hätte man einen Bass-Booster zugeschaltet: der untere Mitten- und Bassbereich wie aufgeblasen, zunächst irgendwie imposant,  aber alles andere als neutral. Ein Kabel, das man eigentlich nur zur Kompensation bassschwacher Anlagen einsetzen kann.
In Folge probierte ich dann ein Kimber KS 3035 – sehr transparent und feinzeichnend – und ein Silent Wire LS 38, das mir sogar noch etwas besser gefiel. Die Unterschiede zwischen diesen schon sehr hochpreisigen Kabeln waren zwar insgesamt kleiner, aber doch klar nachvollziehbar. Kaum zu glauben, dass es noch besser geht, aber das ging es dann doch, und zwar mit den LS-Kabeln von Klang Manufaktur, die der Entwickler Manuel Löffler in Handarbeit produziert und die noch in kaum in Fachmagazinen getestet wurden. Bei den sogenannten „RIO“ LS-Kabeln handelt es sich um Flachbandkabel aus Reinsilber, und sie brachten nochmals eine deutliche Steigerung gegenüber meinen bis dahin probierten Kabeln.

Allerdings mussten auch dieses Kabel irgendwann weichen, und das lag an den Kabeln von Jorma Design. Die schwedische Firma stellt die schlichtweg besten Kabel her, die ich bisher gehört habe. Lesen Sie meinen Artikel dazu.

 

Klang Manufaktur RIO

 

NF-Kabel

Etwas anders sieht es mit NF-Kabeln aus. Während meiner Accuphase-Zeit brachten Hörvergleiche mit solchen, egal, in welcher Konstellation, immer mehr oder weniger das  immer gleiche Resultat: gar keines.  Beim direkten Umschalten am Accuphase-Vorverstärker von einem Eingang auf einen anderen, gab es so gut wie keine nachvollziehbaren Unterschiede zwischen hochpreisigen Kabeln und einem Accuphase-Standardkabel, was mich selber wunderte, widersprach es doch tausenden von Testberichten, in denen das Gegenteil beschrieben wird. Ich hatte wirklich viel ausprobiert, Kimber KS 1130 und KS-1136Silent Wire NF-38, Fadel Art Reference One, mit immer demselben Ergebnis. Es scheint offenbar Anlagen zu geben, die auf NF-Kabel unempfindlich reagieren, warum auch immer.
In meiner aktuellen Anlagenkonstellation mit TIDAL Vorstufe und Endstufen von New Audio Frontiers, sieht die Sache anders aus. Zwar sind die Unterschiede nicht so groß wie bei LS-Kabeln, aber doch eindeutig nachvollziehbar. Und auch hier bin ich nach einigen Hörvergleichen mittlerweile bei Kabeln von Jorma gelandet.

Wichtig: Da ich seit Ende 2013, mein eigenes Wohnraumstudio concert audio betreibe und damit eine Vermischung von privaten mit geschäftlichen Interessen nicht auszuschließen ist, habe ich mich daher entschlossen, diesen privaten Audiophilie-Blog ab 2014 auf allgemeine Themen zu beschränken, d.h. es gibt von mir keine weiteren Beiträge über Produkte mehr  – diese stehen ab jetzt auf meinem Blog auf concert audio.
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