Ernst Mantel mit seinem neuen Soloprogramm im Renitenztheater

26.
Mrz.
2015

Mord mit Todesfolge

Darf man Witze über die Nazizeit machen? Kommt drauf an, ob sie gut sind. Ernst Mantels Wortspielereien über „Speisen und Volksgerichte“ jedenfalls sind saukomisch: Danach zählte zu den kulinarischen Errungenschaften des Dritten Reichs etwa die sogenannte „Reichspfanne“ (auch mit Heilbutt), die „Blut- und Bodenwurst“ oder das „Nasi Göring“. Beliebt waren auch Feldsalat und Gerichte aus der Gulaschkanone. Und weil Ernst Mantel beim Erzählen spüren lässt, dass solche Scherze eben doch einen kleinen Tabubruch darstellen – ohne, wie es andere tun, damit zu kokettieren – macht er dem Publikum im Renitenztheater das Mitlachen leicht.
Die Absonderlichkeiten der deutschen Sprache hat der Komiker Ernst Mantel für sein neues Soloprogramm „Improve your Deutsch – Rhetorik in höchster Vollstreckung“ unter die Lupe genommen – ein Thema, aus dem der Wortverdreher und Semantikjongleur schon oft überraschende Volten geschlagen hat. Die erste Hälfte seines Programms mutet dabei streckenweise wie eine Lehrstunde in Grammatik an – wenn auch eine unterhaltsame. Man hört Mantel gern zu, wenn er sich etwa über falsche Steigerungen lustig macht, und was für ein „größtmöglichster Blödsinn“ es ist, Adjektive wie „nackt“ oder „schwanger“ zu steigern. Doch auch wenn die solcherart im Dozierstil vorgetragene Sprachkritik erhellend ist – so richtig neu ist sie nicht. Von Bastian Sick etwa kennt man Ähnliches. Sie gewinnt aber dann mächtig an Unterhaltungswert, wenn Mantel sprachliche Fehlleistungen dramaturgisch aufbereitet und pointenreich zuspitzt: wie in der im kölschen Dialekt vorgetragenen Gerichtsszene mit Protagonisten wie (laut lesen!) Yvonne Imhaus, Isaac Nix oder Rudi Gutaus, die sich durch Redewendungen pflügen wie ein Traktor durchs Gemüsebeet. „Mord mit Todesfolge“ jedenfalls streitet der Angeklagte kategorisch ab!
Nach der Pause gibt Mantel einige Fundstücke aus seiner Sammlung absurder Gebrauchshinweise zum Besten. Dazu zählt der Hinweis auf einem Rowenta-Bügeleisen, man solle die „Kleidung nicht am Körper bügeln“ oder der auf einem Feuerlöscher, dass der Inhalt „nicht entflammbar“ sei. Darauf wäre man ebenso nicht gekommen wie auf die Aussage auf einer Sprudelflasche, das Getränk sei „auch für Vegetarier geeignet“.
Ab und zu flicht Mantel auch ein paar zum Thema passende ältere Nummern ein. Etwa die Suada eines hyperaktiven Ü-50-Schwaben („Haschda la vischda, Horschd!“), was dem Abend auch deshalb gut bekommt, weil Mantel die brandneuen Texte noch nicht so flüssig über die Lippen gehen. Ein paar Lieder gibt es auch: fies gut getroffen der Betroffenheitsjargon in einer Reinhard Mey-Parodie. Viel Applaus, zwei Zugaben, doch eines ist sicher: Mantel könnte noch ewig aus dem Nesthäkchen plaudern. (StZ)

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