Celso Antunes dirigierte Orffs Carmina burana im Beethovensaal

25.
Nov.
2011

Es dürfte wohl kaum ein Musikstück geben, das derart instrumentalisiert worden ist wie „O Fortuna“ aus Carls Orffs Carmina burana. Ob Werbung oder Film, immer wenn´s schickalhaft oder bedeutungsvoll klingen soll, lässt man die Glücksgöttin ihr chormächtiges Rad drehen. Das spricht nicht gegen das Stück, im Gegenteil. Carl Orff wusste eben ganz genau, wie sich die erwünschten Wirkungen musikalisch evozieren ließen – was auch für die anderen Sätze der Carmina burana gilt. Heute würde man solche Musik wohl als „retro“ bezeichnen – doch für Orff war die Rückwendung auf archaische Ausdrucksmittel wie Diatonik, Ostinati und Strophenlied zwangsläufige Folge seiner Suche nach unverstelltem, nach den magisch-kultischen Wurzeln unserer Kultur suchenden Ausdruck. Dass es dabei inhaltlich vor allem um diesseitige Freuden wie Essen, Trinken und Liebe – man könnte auch sagen: Sex – geht, dürfte mit dazu beigetragen haben, dass das Werk von christlicher Seite nicht immer gänzlich vorbehaltlos aufgenommen wurde, zumal Orffs Musik gerade die geschlechtlichen Freuden in ein ausgesprochenen sinnliches klangliches Gewand gekleidet hat.

Respekt also, dass die Bachakademie den Dauerbrenner neben Belá Bartóks Cantata profana „Die Zauberhirsche“ nun einem Akademiekonzert im Beethovensaal aufgeführt hat – der leider nicht sehr gut gefüllt war, was insofern schade ist, da man das Stück derart hochklassig nicht allzuoft erleben kann.

Denn der brasilianische Dirigent Celso Antunes hatte die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, die Gächinger Kantorei und drei superbe Solisten zu einem Ensemble zusammengeführt, das all jene Qualitäten aufwies, die man für eine wirkungsmächtige Aufführung braucht: rhythmische Prägnanz und Klangbewusstsein, vor allem aber ein Gespür für die spezifischen Tonfälle dieser Musik, die mitunter völlig unvermittelt ihre Register ändert. Das gelang Antunes vorbildlich, wobei er mit Robin Johannsen (Sopran), Martin Schalita (Tenor) und vor allem Daniel Schmutzhard (Bariton) auch drei Solisten hatte, die die die ihnen anvertrauten Texte inhaltlich mit Leben füllten.

Hinreißend die Heldenpose des Baritons im „Estuans Interius“, ein einziger Ausruf von Glück die Soprankoloratur, mit der sich das Mädchen im „Dulcissime“ ihrem Geliebten ergibt. Und auch die tenoralen Sterbenslaute des verbrannten Schwans hat man derart gequält kaum einmal gehört. (Stuttgarter Zeitung)

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