Benjamin Saunders spielte beim Internationalen Orgelsommer Stuttgart

20.
Aug.
2013

Es muss nicht immer brausen

Nein, soviele Klangfarben wie die Mühleisenorgel in der Stiftskirche hat manches Sinfonieorchester nicht drauf. Fast unerschöpflich scheinen die möglichen Registerkombinationen, die freilich einen Organisten fordern, der davon so geschmackssicher Gebrauch zu machen weiß wie Benjamin Saunders. Der junge Engländer war nun innerhalb des Internationalen Orgelsommers in der Stiftskirche mit einem Programm zu Gast, das sich etwas abseits der ausgetretenen Pfade zwischen Bach, Mendelssohn und Franck bewegte. Nicht jedem zum Beispiel dürfte bekannt sein, dass es auch Jazziges für die (Kirchen-)Orgel gibt. Billy Strayhorns „Lotus Blossom“ etwa, dem trotz des Titels rein gar nichts Fernöstliches anhaftet. Es ist vielmehr eine typische Jazzballade, die Saunders mit passender Phrasierung zum Klingen – nein, zum Swingen! – brachte. Genauso wenig bekannt dürfte hierzulande der Komponist Georgi Muschel sein. Die „Samarkand Suite“, in die der Georgier allerhand an Stilen und Formen gepackt hat, ist eine so vielfarbige wie stimmungsvolle Musik, die obendrein den Vorteil leichter Verständlichkeit besitzt.
Dagegen erfordern kontrapunktische Bandwürmer wie Thomas Tallis´ Variationen über “Felix namque“ vom Hörer schon einiges an Konzentration: schier unerschöpflich erscheint Tallis´Fantasie, mit der er das Thema immer neuen satztechnischen Verwandlungen unterzieht. Musik, die nicht nach außen wirkt, sondern die man in einer kontemplativen Haltung nach innen wirken lassen muss. Am Ende wird man reich belohnt.
Viel mehr Wind macht da Henrik Andriessens Sonata da chiesa, die die Möglichkeiten einer großen Orgel klangmächtig zur Wirkung bringt und in einem derart auftrumpfenden Finale schließt, dass nach dem Schlussakkord die Luft im Kirchenraum noch sekundenlang nachzuschwingen scheint. Danach muss man erst mal durchatmen. Dass die Orgel aber auch ganz anders eingesetzt werden kann – nämlich spielerisch, leichtfüßig, heiter – das zeigte die abschließende Humoresque von Pietro Yon. Kein Zufall, dass der aus Italien stammt. (StZ)

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