Zum Auftakt der Jazz Open spielen RSO Stuttgart, SWR Vokalensemble und SWR Bigband

11.
Jul.
2014

Brückenschlag zwischen Jazz und E-Musik

Fast drei Stunden Programm mit neuen Werken, und am Ende des gut besuchten, von Götz Alsmann launig moderierten Konzerts im Beethovensaal Ovationen des begeisterten Publikum – das ist doch mal was! Zum Auftakt der Jazz Open Stuttgart hatte der SWR seine Stuttgarter Ensembles, das Radiosinfonieorchester, die Bigband und das Vokalensemble zu einem Konzert unter dem Titel „SWR Classix goes Jazz“ zusammengespannt. Fünf Komponisten hatten Werke geschrieben, die deren musikalische Sphären vereinen sollten – Brücken zu bauen zwischen Jazz und E-Musik. Freilich gibt es solche Werke längst: nicht nur George Gershwin, dessen „Concerto in F“ auch auf dem Programm stand, auch Komponisten wie Leonard Bernstein oder Darius Milhaud haben Jazz-Elemente in ihre Musik aufgenommen. Und auch zeitgenössische Bigband-Komponisten wie Maria Schneider haben sich längst vom Swing-Klischee emanzipiert in Form und Klang an moderner E-Musik orientiert. Es ging wohl dem SWR vor allem darum, seine drei Klangkörper gemeinsam auf die Bühne zu bringen – und dafür brauchte man eben passende Stücke. Die Komponisten sahen sich nun nicht bloß vor das Problem gestellt, dass sich Sinfonieorchester und Bigband besetzungsmäßig (Trompeten, Posaunen) überschneiden, auch Klischees sollten nach Möglichkeit vermieden werden: verweben statt kombinieren, so lautete ihr Auftrag.
Das gelang mal mehr, mal weniger gut, doch langweilig war das Konzert nie. Nicht Gregor Hübners „Clockwork interrupted“, das dem Aufeinanderprallen der Klangwelten von Bigband und Orchester interessante Facetten abgewinnt. Auch nicht Steffen Schorns „Three Pictures“, das mit diesen klanglichen Signaturen subtil spielt, dem aber das Bestreben anzumerken war, Bigband und Orchester auch als Kollektiv zu behandeln – trotz gewisser Längen das avancierteste Werk dieses Abends.
Heikel war die Aufgabe auch für jene Komponisten, die Chor und Bigband vereinen sollten – denn nach Gospelchor sollte es auf keinen Fall klingen. Ralf Schmid griff dazu auf Lieder aus Edvard Griegs „Peer Gynt“ zurück, die er allerlei rhythmischen und harmonischen Modulationen unterzog, blieb aber weitgehend dem Jazz-Idiom treu (Dirigent: Morten Schuldt-Jensen). Helge Sund nahm sich drei deutsche Volkslieder vor, die er auf raffinierte wie ironische Weise dekonstruierte und dabei Verfahrensweisen der neuen Musik spielerisch mit einbezog. Die gewichtigste Aufgabe, nämlich Bigband, Orchester und Chor in einem Werk zusammenzubringen, hatte man dem RSO-Fagottisten und Jazzsaxofonisten Libor Sima anvertraut, der sie mit Bravour löste. „I am the drum“ skandierte der Chor den Werktitel wie ein Motto, und getragen von einem rhythmischen Puls setzte Sima im Verlauf des Stücks die Klangelemente in virtuoser Manier in vielfältige Beziehungen, wobei vor allem Blech und Rhythmusgruppe stark gefordert waren. Ein starkes Stück, das ebenso stark beklatscht wurde.
Den stärksten Eindruck aber hinterließ Gershwins „Concerto in F“. Denn Gershwin gelang der Brückenschlag zwischen Jazz und E-Musik nicht äußerlich über die Besetzung – er entwickelte ihn aus der Sprache der Musik selber. Und besser als an diesem Abend mit dem großartigen Wayne Marshall am Klavier – der auch dirigierte – hat man das Stück wohl auch noch nie gehört. Aber wie gesagt: unterhaltsam war der Abend allemal. (StZ)

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