Fredda sang zur Eröffnung der Französischen Wochen

16.
Okt.
2015

Was fällt einem Deutschen ein, wenn er an französische Chansons denkt? Vermutlich die Atmosphäre von Montmartre in Paris, dazu komplizierte, dunkel gekleidete Frauen und Männer, die melancholische, akkordeonbegleitete Lieder singen. Gern im Dreivierteltakt.
Klischees, natürlich, die aber jene Sehnsucht zum Ausdruck bringen, die sich hierzulande auf das Paris der Nachkriegsjahrzehnte bezieht: nach Schönheit, Stil, Erotik, kurz – nach jener bohèmehaften Durchdringung von Kunst und Leben, die das Wirtschaftswunderland Deutschland niemals bieten konnte. In Sänger(inne)n wie Edith Piaf, Juliette Gréco oder Georges Moustaki hat sie ihren Ausdruck gefunden.
Wer als Chansonnier in Deutschland bekannt werden wollte, tat (und tut) also gut daran, diese Klischees in irgendeiner Weise zu bedienen, selbst wenn seine Musik nicht mehr dem klassischen Chansonstil entspricht. Das war bei Patricia Kaas so, die trotz ihrer am Pop-Mainstream orientierten Musik gern mal die Cabaret-Schublade zog. Und auch Frankreichs derzeit angesagtester Musikexport Zaz hat eine Platte mit klassischen Chansons wie „Sous le ciel de Paris“ aufgenommen.
Der Sängerin Fredda, die am Donnerstagabend die noch bis zum 30. Oktober dauernden Französischen Wochen eröffnete, würde Ähnliches wohl nicht in den Sinn kommen. Ihre Musik ähnelt zwar durchaus in einigen Aspekten der Chansontradition, ist aber merklich von anglo-amerikanischer Folk- und Popmusik beeinflusst. So tauscht sie auch mal die Akustikgitarre mit dem Banjo, und wäre da nicht der französische Text, so könnten manche ihrer Lieder auch als Folksongs durchgehen. Nun dürfte mancher, der Freddas Alben kennt, gleichwohl einen etwas anderen Auftritt erwartet haben als den, den sie bei ihrem Konzert im gut besuchten T2 des Theaterhauses bot. Freddas Lieder sind harmonisch meist simpel gestrickt, was aber kein Nachteil sein muss – wurden die aparten Melodien ihres neuen Albums „Le chant des Murmures“ wie auch seines Vorgängers „L´ancolie“ doch von einem kompetenten Produzenten geschmackvoll in Szene gesetzt. Der von Akustikgitarren dominierte Grundklang wird auf den CDs auch mal von einem Kontrabass grundiert, dazu bereichern Streicher und Orgel das Klangbild ebenso wie der dezente Einsatz von Perkussionsinstrumenten.
Freddas Band im Theaterhaus bestand dagegen aus einem stoischen, im Tanzkapellenstil agierenden E-Bassisten, einem vorlauten Drummer und einem immerhin versierten E-Gitarristen, der sich aber mit seinen Soli ziemlich aufdringlich in den Vordergrund spielte. Insgesamt ein harter, dazu überlaut ausgesteuerter Grundsound, der wenig zu tun hatte mit den feinen Arrangements ihrer Alben. Und auch wenn man keine stilisierten Auftritte im Gréco-Stil erwartet hat: an ihrer Bühnenperformance kann die immerhin schon 45-jährige Fredda noch arbeiten: manches erinnerte da an den Auftritt einer Schülerband, die eben aus dem Übungskeller gekommen ist. Dazu passt auch die verstimmte Gitarre bei „L´ancolie“ und der gruselige Backgroundgesang des Schlagzeugers. Und dass sie ihren Text bei der Zugabe vom Zettel liest: auch das wäre einer großen Chansonette wohl nicht passiert. (StZ)

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