Sergei Nakariakov spielte mit den Stuttgarter Philharmonikern

20.
Dez.
2015

Der Teufelstrompeter

Im Barock erfreute sich die Trompete großer Beliebtheit, Komponisten wie Vivaldi oder Albinoni bedachten sie mit glanzvollen Werken. Doch in Klassik und Romantik sank ihr Stern rapide, die Trompete wurde ins Orchester verbannt. Joseph Haydn und Johann Nepomuk Hummel haben noch Konzerte geschrieben, aber sonst sieht es mau aus. Was macht also ein Trompeter, wenn er weder den ollen Haydn noch ein zeitgenössisches Werk aufs Programm setzen will? Er sieht sich nach Bearbeitungen um, und da darf man es als Glücksfall für Sergei Nakariakov bezeichnen, dass sein Vater Mikhail nicht bloß selbst Trompeter ist, sondern auch ein emsiger Bearbeiter, der diverse Werke seinem superbegabten Sohn quasi auf die Finger transkribiert hat.
Dazu zählen Tschaikowskys Rokoko-Variationen, die Nakariakov nun beim Sinfoniekonzert der Stuttgarter Philharmoniker im Beethovensaal musiziert hat. Nakariakov spielte sie auf dem etwas weicher klingenden Flügelhorn, mit butterweichem Ansatz, dezentem Vibrato und edelst schimmerndem Ton. Dass in der Transkription einiges von der originalen Cellostimme unter den Tisch fällt, darüber konnte man angesichts der verblüffenden Leichtigkeit von Nakariakovs Spiel locker hinwegsehen. Und dass manch virtuose Figurationen, die auf dem Cello vergleichsweise bequem auszuführen sind, in der Trompetenversion einen Gout von Instrumentalartistik annehmen, liegt wohl im Sinne des Solisten. Nicht umsonst nennt man Nakariakov den „Paganini der Trompete“. Der Beifall war dementsprechend heftig, Bachs „Air“ als Zugabe ein vorweihachtlicher Ohrenschmeichler.
Beethovens erste Sinfonie hatte Nicholas Milton zuvor mit straffen Tempi dirigiert, der forsche Zugriff konnte aber über viele kleine Unsauberkeiten in der technischen Ausführung nicht hinwegtäuschen. Wesentlich verbindlicher nach der Pause Prokofjews fünfte Sinfonie, deren rhythmische Vielfalt Milton ebenso schlüssig herausarbeitete wie ihre Klangfarben und Haltungen. Ein interessantes, insgesamt aber zu langes Programm. (StZ)

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