Das fünfte Sinfoniekonzert des Staatsorchesters

11.
Apr.
2016

Ohne Fingerspitzengefühl

Nein, eine trefflichere Einstimmung lässt sich kaum denken zu einem Konzert, das Shakespeare gewidmet ist als das berühmte Zitat aus „Was ihr wollt“: Der Schauspieler Wolfgang Michalik sprach die Worte des Herzogs Orsino über die Musik, die „der Liebe Nahrung“ ist. „Gebt mir volles Maß“ fordert er in diesem Kontext die Musiker zum Spielen auf, und so geschah es auch im Beethovensaal – mit der Ouvertüre zu Mendelssohns „Ein Sommernachtraum“ begann das 5. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters. Zwar waren die einleitenden Bläserakkorde nicht ganz zusammen, dafür aber – keine Selbstverständlichkeit – sauber intoniert, und im weiteren Verlauf kam das Orchester immer besser in die Spur. Man hatte für den ersten Programmteil die bekanntesten Sätze aus Mendelssohns Schauspielmusik ausgewählt und dabei auf die Melodramen zugunsten dramaturgisch stimmiger Shakespearezitate verzichtet. Das von Rory Macdonald geleitete Orchester legte von Satz zu Satz an Spielfreude zu: sehr pointiert das Scherzo, prächtig die Bläser im Notturno, drastisch-plastisch der Rüpeltanz. Eine runde Sache.
Anlässlich des 400. Todestags von Shakespeare ein Sinfoniekonzert zusammenzustellen ist eine reizvolle wie dankbare Aufgabe. Die Auswahl an Werken ist groß, und darunter findet sich neben Mendelssohns Geniestreich auch weitere von Rang – etwa die „Romeo und Julia“ – Vertonungen von Berlioz und Prokofjew – das gleichwohl nicht allzuoft zu hören ist. Gleichwohl erscheint die Intention der Staatsorchesterdramaturgen verständlich, sich auf die Nebenwege des Repertoires zu begeben und dabei mit Ryan Wigglesworths „Locke´s Theatre“ auch ein zeitgenössisches Werk vorzustellen – zumal der Komponist auch als Dirigent für das Konzert geplant war. Laut Programmtext hat Wigglesworth dabei versucht, Lockes barocke Theatermusik mit dem „Fingerspitzengefühl eines Restaurators“ in seine eigene Musiksprache zu übersetzen – eine Behauptung, die der Höreindruck nicht bestätigen konnte. Nicht nur, dass der Komponist die originale Partitur durch seine Eingriffe verunstaltet hat, auch seine den Originalsätzen nachgestellten „Doubles“ entsprechen jenem überspannten Stil vieler zeitgenössischer Komponisten, die Klangmasse mit -klasse verwechseln. Was sollte das Getöse? Und was hatte es mit Locke zu tun?
Und auch nach der Pause wollte man mit Edward Elgars „Symphonic Study“ zu Falstaff nicht recht glücklich werden. Man kennt Elgar vor allem als klangsinnlichen Melodiker, doch dieser Musik hört man ihre Anstrengung an, unbedingt bedeutend sein zu wollen. In großorchestralen Dimensionen wird in szenischen Aufrissen der falstaffsche Charakter ausgeleuchtet, doch trotz einer engagierten Orchesterleistung hinterließ das Stück eher den Eindruck von Arbeit denn von Inspiration. (StZ)

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