Das sechste Sinfoniekonzert des Staatsorchesters

22.
Mai.
2016

Gruselgeschichte mit Trommelgetös

Schon interessant, dass mit Stéphane Denève und Sylvain Cambreling derzeit zwei Franzosen die Chefposten von Stuttgarter Orchestern besetzen. Während aber Denève im Sommer seinen Hut nimmt, wird der GMD des Staatsorchesters noch zwei Jahre bleiben. Interessante Akzente setzen beide: beim 6. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters hat Cambreling nun „La Tragédie de Salome“ seines hierzulande wenig bekannten Landsmanns Florent Schmitt dirigiert. Typische Fin-de-siècle-Musik, in der die Orientbegeisterung ihrer Zeit ebenso ihren Niederschlag gefunden hat wie Schmitts Verehrung für Wagner und Strauss. Wobei Schmitt im Gegensatz zu diesen oberflächliche Effekte nicht scheut: das Wüten der Elemente am Ende der Gruselgeschichte um erotische Verführung und Blutrausch ist ein Getös mit Trommel- und Beckenschlägen, wie es Filmmusikkomponisten nicht plakativer hinbekommen würden. Groß mag diese Musik nicht sein, gehört hat man sie dennoch gern, nicht zuletzt aufgrund des rückenschauerregenden Säuselns und Raunens der Meergeister – Kompliment an die Damen des Staatsopernchors!
Auch György Ligetis „Clocks and Clouds“ ist ein eminent klangsinnliches Stück, das seine Faszination aus dem Übergang von rhythmisch und harmonisch definierten zu offenen, fluiden Zustände gewinnt. Seine ungeheure Suggestionskraft kann es allerdings nur freisetzen, wenn die motivisch-rhythmischen Verschiebungen mit der nötigen Genauigkeit ausgeführt und die Klanggruppen entsprechend austariert werden. Einige zusätzliche Proben hätten da in diesem Fall nicht geschadet.
Zu Konzertbeginn hatte der Pianist Till Fellner mit einer technisch makellosen und musikalisch rundum überzeugenden Interpretation von Beethovens viertem Klavierkonzert beglückt. Fellner sieht sich in der Tradition von Pianisten wie Brendel oder Kempff, und so musiziert er auch: uneitel und hoch reflektiert, mit vielfältigsten Anschlagsnuancierungen. Lyrischer und feiner hat man dieses Konzert selten gehört.  (STZN)

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