Die Jazz Open in Stuttgart

17.
Jul.
2017

Fitte Jazz-Senioren

„Let the good times roll“ – der Rhythm & Blues Standard, den einst Ray Charles berühmt machte, bildete den Abschluss der Jazz Open in Stuttgart und könnte gut als Motto für das diesjährige Festival dienen. Denn nicht nur beim Schlusskonzert mit Quincy Jones, Dee Dee Bridgewater und George Benson wurden die guten alten Zeiten des Jazz beschwört, insgesamt dominierten die Senioren zumindest die Hauptacts auf der open air-Bühne auf dem Schlossplatz. „We play some vintage music“ bekannte etwa Steve Winwood, 69, bei seinem Auftritt innerhalb der Blues Rock Night am Freitag. Der ehemalige Frontmann von Traffic mag nicht mehr so virtuos Gitarrespielen wie einst, seine Stimme aber hat ihr charakteristisches Timbre nicht verloren, und so war sein Auftritt mit Titeln wie „Low Spark of High Heel Boys“ oder „Can´t Find my Way Home“ ebenso ein musikalischer Nostalgietrip in die 60er und 70er Jahre wie der folgende Auftritt der Bluesgitarrenlegende Buddy Guy. Der 80-jährige hatte merklich Spaß daran, das Publikum mit geschredderten Licks aus den höchsten Lagen seiner Fender Stratocaster zu traktieren und spielte ansonsten, was von ihm erwartet wurde: ehrlichen, erdigen Blues.
Körperlich wirkte er dabei fast so fit wie Herbie Hancock. Dessen Auftritt im heimeligen Ambiente des Alten Schlosses war gerade deshalb ein Highlight des Festivals, weil er nicht bei seinen Wurzeln stehengeblieben ist, sondern mit seiner hochkarätig besetzten Band (darunter Ex- Frank Zappa-Drummer Vinnie Colaiuta) den aktuellen Stand des elektrifizierten Jazz eindrucksvoll demonstrierte.
Ebenfalls Größe bewies ein anderer 77-Jähriger: Tom Jones. Sein umjubeltes Konzert war nicht nur eine Reminiszenz an die goldenen Zeiten des Pop der 60erJahre mit Hits wie „Delilah“ oder „It´s Not Unusual“, vor allem machte er mit seiner starken Band klar, was dem Pop heutzutage meist fehlt: Können, Stil und Geschmack. Denn Jones sang nicht nur mit einer nach wie vor warmen, ausdrucksstarken Stimme, sondern präsentierte sich dabei als Entertainer von internationalem Format, der sein Schaffen aus fünf Jahrzehnten Revue passieren ließ und dabei auch en passant Blues, Gospel und Country streifte.
War bei seinem Auftritt die Generation 50plus weitgehend unter sich, hatte zwei Tage zuvor Jan Delay mit seiner Band Disko No.1 ein junges Publikum auf dem Schlossplatz zum Tanzen gebracht. Partystimmung allenthalben, ähnlich wie am Montag bei Jazz Open-Dauergast Jamie Cullum, den das Stuttgarter Publikum offenbar ins Herz geschlossen hat – wobei man es als zumindest unglücklich bezeichnen darf, dass der grandiosen Norah Jones an dem Abend nur die undankbare Rolle einer Quasi-Vorgruppe geblieben war. Und auch wenn die großen Namen naturgemäß am meisten Beachtung fanden, gab es doch auch im Jazzclub BIX den ein oder anderen Höhepunkt: von der hypertalentierten, gerade mal 20-jährigen polnischen Bassistin Kinga Glyk etwa dürfte man noch hören. (Südkurier)

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