Das 3. Sinfoniekonzert des Staatsorchesters Stuttgart

10.
Dez.
2017

Jeder wie er kann

Wir sind ja heute daran gewöhnt, in Konzerten nur noch jene Meisterwerke zu hören, die die Zeitläufte überdauert haben. In vielen Museen ist das anders, wo auch Bilder jener zahlreichen Kleinmeister zu sehen sind, die gleichwohl repräsentativ waren für die Kunst ihrer Zeit. Insofern darf man die Idee begrüßen, für die Jubiläumsspielzeit des Staatsorchesters Stuttgart – 425 Jahre existiert es nun – ein Werk von Friedrich Wilhelm Kücken, dem einstigen Kapellmeisters der Württembergischen Hofkapelle, aufs Programm gesetzt zu haben. „Waldleben“ ist Kückens Konzertouvertüre betitelt, ein so effekt- wie wirkungsvoll mit den Topoi des Forsts spielendes Stück, dessen rasante Figurationen sogar die eloquenten Holzbläser des Staatsorchesters in Bedrängnis bringen konnten.
Hart war danach der Bruch zu Toshio Hosokawas Mozart-Hommage „Lotus under the Moonlight“ mit Nicolas Hodges als überlegen disponierendem Solisten am Flügel: ein zwischen meditativer Versenkung und oszillierenden Klangballungen changierendes Stück, das die Symbiose zwischen japanischer Reduziertheit und der Komplexität neuer Musik zumindest sucht – und vielleicht noch überzeugender in seiner Wirkung gewesen wäre, hätte Dirigent Sylvain Cambreling sich mehr um klangliche Differenzierung gekümmert. Der Eindruck eines klanglichen Laissez-faire verfestigte sich dann bei Dvoráks neunter Sinfonie „Aus der Neuen Welt“, dem die Dramaturgie aus unerfindlichen Gründen Charles Ives´ berühmtes „The Unanswered Question“ quasi als Präludium voranstellte.
Nicht nur herrschte bei Dvorák in Fortissimopassagen offenbar die Devise: „Jeder so laut wie er kann!“. Gravierender noch wirkte sich die Absenz einer dramaturgischen Konzeption aus. Anstatt den Anfang vom Ende her zu denken, die Teile der Sinfonie in Beziehung zum Ganzen zu setzen, zerfiel Cambreling das Werk in lauter heterogene, unverbundene Teile. Hektisch die Ecksätze, bar jeder Innenspannung das Largo. Das Staatsorchester bleibt da weiter unter seinen Möglichkeiten. (STZN)

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