Der Hornist Felix Klieser

17.
Okt.
2019

Das Leben nehmen, wie es kommt

Eigentlich liest sich die Karriere von Felix Klieser wie die anderer Klassikstars. Früh, mit fünf Jahren, begann er mit dem Instrumentalunterricht, gewann rasch allerlei Preise. Mit 13 wurde er als Jungstudent an der Musikhochschule Hannover aufgenommen, spielte bald im renommierten Bundesjugendorchester. 2013, Klieser war 22, erschien sein Debutalbum, zwei Jahre später erhielt er den „ECHO KLASSIK“ als Nachwuchskünstler des Jahres. Das wäre allein schon eine tolle Leistung, die einem aber nachgerade wie ein Wunder vorkommt, wenn man bedenkt, mit welchem Handicap er gestartet ist: denn Felix Klieser wurde ohne Arme geboren. Abrachie nennt man das in der Medizin, eine selten vorkommende Laune der Natur, die das Spielen eines Instruments, auf professionellem Niveau zumal, eigentlich unmöglich macht. Dazu kam, dass in Kliesers Elternhaus nicht musiziert wurde, sodass sein bereits mit vier Jahren geäußerter Wunsch „Ich möchte Horn spielen“ zunächst auf Unverständnis stieß. Ausgerechnet Horn, dieses wegen seiner anfälligen Spieltechnik schwierigste aller Blechblasinstrumente! In der Musikerszene nennt man es nicht ohne Grund „Glücksspirale“, weshalb man an der Musikschule, an die sich Kliesers Eltern schließlich wandten, den Steppke auch zum Xylophon überreden wollte. Ohne Erfolg. Felix blieb standhaft und erhielt schließlich den ersehnten Unterricht, wobei er er lernen musste, die Ventilklappen mit dem linken Fuß zu bedienen, was ziemliche Verrenkungen erfordert. Das macht er so bis heute, doch während er als Kind das Horn noch vor sich auf den Boden stellte, baute ihm später ein Instrumentenbauer einen Ständer, an dem er es befestigen kann. Blieb ein Problem: das sogenannte „Stopfen“, das Modulieren des Tons im Schalltrichter, das Hornisten mit der rechten Hand ausführen. Doch auch dafür hat Klieser eine Lösung gefunden. Durch jahrelanges akribisches Probieren und Forschen gelang es ihm, allein durch Veränderungen der Zungenstellung und des Mundraums die entsprechenden Klangfarben zu erzeugen. Die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt. Er sei kein Wunderkind gewesen, sagt Klieser, der überzeugt ist, dass Talent zwar wichtig, aber längst nicht das Entscheidende ist. „Alle großen Solisten sind hart arbeitende Menschen“.
Ein verbissener Typ ist Felix Klieser gleichwohl nicht, im Gegenteil. Seinen Erfolg sieht er als Geschenk – er habe es nie geplant, Hornsolist zu werden. Gut möglich, dass seine Behinderung sogar mit zu seiner Popularität beigetragen hat, ein Hornist ohne Arme, wann gibt es das schon. Doch gerade weil seine Karriere bisher so glatt verlaufen ist, ist Felix Klieser vorsichtig, was das Pläneschmieden anbelangt. „Als es mit Anfang 20 richtig losging, habe ich gedacht: Ich freue mich, wenn das jetzt ein paar Jahre so läuft. Jetzt mache ich es schon ein paar Jahre länger, und es funktioniert immer noch.“
Alles für seine Leidenschaft, das Hornspielen, zu tun, ansonsten das Leben aber zu nehmen, wie es eben kommt: danach lebt Klieser. Und zurzeit kommt einiges. Sein Konzertkalender ist prall gefüllt, seine in diesem Jahr erschienene CD mit Mozarts Hornkonzerten wird von der Fachpresse in höchsten Tönen gelobt. Zwei dieser Konzerte spielt Klieser heute abend mit den Festival Strings Lucerne im Beethovensaal, den Klieser für seine Akustik besonders schätzt: Man könne da als Hornist klanglich alles machen, ohne dass der Saal an Grenzen stoße.
Ansonsten zähle aber gerade Mozarts Musik für ihn zum Schwierigsten. „Musikalisch steckt da so viel drin. Ich denke dass man als Mensch sehr reifen muss, um das alles zu verstehen. Das sind keine Stücke für Kinder.“

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