Christoph Sonntags Programm „Wörldwaid“ im Theaterhaus

17.
Jan.
2020

Nochmal der Karl-Heinz

Was macht der Schwabe, wenn er im Ausland weilt? Kehrwoche. „Bekannt wie ein bunter Hund“ sei der nach Portugal ausgewanderte Ex-Tuttlinger, so erzählt Christoph Sonntag zu Beginn seines neuen Programms „Wörldwaid“ im Theaterhaus. Habe der dort doch zum größten Erstaunen der Einheimischen die Straße gekehrt – und das, obwohl es doch gar nicht seine eigene ist! Tja, der Schwabe kann halt nicht aus seiner Haut, ebenso wenig wie Sonntag, der auf seiner zweistündigen Tour seine Pointen mit Vorliebe aus solch klischeehaften Zuspitzungen nationaler Eigenheiten zieht. Dass er dabei konsequent die Schwabenperspektive wahrt, vermittelt schon die Bühne im T1. Die ziert ein Flughafenterminal, dessen Schriftzug man eher von Stadtbahnstationen kennt: Bad Cannstatt. Vom imaginierten Neckarairport aus jedenfalls startet Sonntag seine Exkursion in die Kulturgeschichte des Reisens, und blickt dabei zunächst auf die Anfänge der Massenmobilität in den sechziger Jahren zurück. Damals sei es vor allem darum gegangen, dass einen die Verwandtschaft nach der Rückkehr staunend mit „Boah, seid ihr braun geworden“ begrüße. Heute sage man das nur noch zu den Verwandten aus Ostdeutschland.
Da johlt das Publikum, von dem sich die meisten auch noch an das mittlerweile ausgestorbene Ritual des Diaabends erinnern dürften: „Das ist wie eine Fotostory auf dem I-Phone. Bloß ohne Musik und Display, dafür auf dem Bettlaken vor der Wohnwand Eiche rustikal“. Bei diesem „stundenlangen optischen Waterboarding“ sei auch ein Satz entstanden, der „damals in Deutschland millionenfach wiederholt wurde: Und des isch nochmal der Karl-Heinz.“
So witzelt sich Sonntag durch die Epochen und Kontinente. Dass er dabei reichlich Vorurteile bedient und die Gürtellinie prinzipiell kein Stoppzeichen darstellt, wenn es darum geht, einen Pointenkracher zu setzen, weiß in der Regel jeder, der eine Veranstaltung mit Christoph Sonntag besucht. Despektierliche Auslassungen über Politiker wie Volker Bouffier („sieht aus wie einer von den Flippers nach dem Entzug“) bieten dennoch Anlass zum Fremdschämen, zumal Sonntag interessanterweise dann am stärksten ist, wenn er (selten) mal politisch wird: die Szene mit dem afrikanischen Tomatenpflücker, der aufgrund der Billigimporte aus Europa arbeitslos wird und daraufhin mit dem Schlauchboot nach Spanien paddelt, um dort wieder Tomaten zu ernten, wäre auch in der Heute-Show ein Highlight.

 

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