Im Renitenztheater wurde der Kabarett-Wettbewerb „Stuttgarter Besen“ ausgetragen
„Möchten vielleicht Sie mit mir schlafen?“ fragt Benedikt Mitmannsgruber eine Dame im Publikum, nachdem er sich zuvor darüber beklagt hat, dass niemand mit ihm Sex haben wolle, nicht einmal seine Freundin. Was einen ja nicht wundert: verloren steht der schmächtige Typ mit Oberlippenbart da auf der Bühne des Renitenztheaters, dazu trägt er bunte Socken unter einer ausgebeulten Hose und einen Norwegerpullover, in den man eher ungern seine Nase stecken würde. Wer soll mit so einem schlafen wollen?
Benedikt Mitmannsgruber, der am Ende von der Jury mit dem Goldenen Besen ausgezeichnet wird, hat den Typen des grenzdebilen Losers mit depressiven Anteilen perfektioniert. Ein Typ, wie er wohl nur in einer Provinz wie dem österreichischen Mühlviertel gedeihen kann, wo Mitmannsgruber aufgewachsen ist. Aus den dortigen Verhältnissen zieht er viele seiner Pointen, etwa zum Thema Überalterung. 60-Jährige würden dort als Nachwuchshoffnung gelten, deswegen habe man die „2-Kind-Politik“ eingeführt. Wer als Frau nicht mitmachen wolle, würde zwangsbefruchtet. Notfalls vom Tierarzt.
Ein rabenschwarzer und sehr österreichischer Humor, der insgesamt meilenweit entfernt ist von dem, was die anderen sieben Kandidaten des jährlich ausgetragenen Kabarett-Wettbewerbs zeigten.
Politisches Kabarett zählt dabei zu den kaum noch gepflegten Disziplinen – sieht man von dem Poetry Slammer Jan Philip Zymny ab, dessen applausheischende Einlassungen gegen Nazis und Xenophobie aber etwas leicht Pastorenhaftes hatten. Und da auch die Gattung der klavierspielenden Liedkabarettisten in der Tradition Georg Kreislers vom Aussterben bedroht ist, sollte man froh sein, wenn eine junge Frau wie Lucy van Kuhl daran anknüpft. Klavierspielen kann sie bereits fabelhaft, und wenn sie noch brisantere Themen findet als die Probleme älterer Ehepaare, könnte sich die Kölnerin, die am Ende mit dem Gerhard-Woyda-Publikumspreis ausgezeichnet wurde, durchaus in der Kabarettszene etablieren.
Das gilt auch für die Preisträgerin des Hölzernen Besens, Lea Hieronymus. Die gelernte Musicaldarstellerin ist ein veritables humoristisches Talent, kann im Gegensatz zu den meisten ihrer Kollegen richtig gut singen und sollte nur noch etwas an ihrer Performance arbeiten: mit einem ironiefreien „Ich freue mich sehr, heute abend hier zu sein“ eröffnet man keine Kabarettnummer.
Karnevaltauglichen, pointensicheren Schenkelklatschhumor bot das Damenduo Thekentratsch, und mit Salim Samatou und Luan waren auch zwei Vertreter jener beliebten Gattung von Comedians mit dabei, die ihre Späße vorwiegend aus ihrem migrantischen Milieu ziehen. Dass dabei ausgerechnet der Deutsch-Albaner LUAN, im Hauptberuf Polizist in Stuttgart, mit dem Silberen Besen ausgezeichnet wurde, überraschte – machte doch Salim Samatou den weitaus professionelleren Eindruck und konnte auch als Stand-Up-Comedian überzeugen. Freilich: Zu der aberwitzigen Schlagfertigkeit des Moderators Florian Schroeder ist es für alle noch ein weiter Weg.
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