Bloß nicht elitär

16.
Feb.
2022

Frank Dupree und HK Gruber zu Gast bei den Stuttgarter Philharmonikern

„Ha, des war jetzt aber wirklich guad!“ sagte eine ältere Dame zu ihrer Begleitung, als sie die Liederhalle verließen, und fasste damit das vorhergegangene Konzert der Stuttgarter Philharmoniker treffend zusammen. Der Pianist und Dirigent Frank Dupree und der Wiener Chansonnier und Komponist HK Gruber waren die Protagonisten des Abends, bei dem die Grenzzäune zwischen E und U auf nonchalante Weise überwunden wurden. Dass es noch vor 150 Jahren diese Trennung gar nicht gab, zeigte gleich das Eingangsstück. „Ein musikalischer Scherz“ von Johann Strauß junior ist quasi eine Verballhornung technisierter Serienproduktion, in dem die Holzbläser einer nach dem anderen ihre Soli ins orchestrale Harmoniebett stanzen – ein Spaß, der bis heute zündet und schon mal den Boden bereitete für HK Grubers „Frankenstein!!“.
In diesem Anfang der 1970er Jahre entstandenen „Pandämonium für Chansonnier und Orchester nach Kinderreimen von H.C. Artmann“ überträgt HK Gruber Artmanns Methode, das Grauen im Unschuldigen zu verstecken, ziemlich raffiniert ins Musikalische. Das Großsinfonische wird dabei ebenso durch einen weill´schen Moritatenton karikiert wie der edle Orchesterklang durch den Einsatz von Spielzeuginstrumenten, die Gruber – dem alles Elitäre schon immer suspekt war – selber spielte.
Dirigiert wurde dies alles von Frank Dupree. Der musikalische Tausendsassa, mit dem die Philharmoniker immer wieder Ausflüge in jazzige Gefilde unternehmen, nahm dann bei George Antheils vom Ragtime infizierten, ansonsten aber eher strawinskyhaften„A Jazz Symphony“ am Flügel Platz. Das Dirigieren überließ er HK Gruber, der die Philharmoniker dabei ebenso sicher über die rhythmischen Klippen steuerte wie bei George Gershwins grandiosem Concerto in F, bei dem Frank Dupree einmal mehr seine pianistische Klasse bewies. Swingender und technisch brillanter als Dupree, der ja auch ein exzellenter Jazz-Pianist ist, kann man das kaum spielen, und allein darüber, ob es sinnvoll ist, der ziemlich perfekten Partitur noch ein Schlagzeug (Obi Jenne) und einen verstärkten Kontrabass (Jakob Krupp) zuzufügen, kann man geteilter Ansicht sein: hätte Gerswhin das gewollt, hätte er es komponiert. Das leider nur sehr spärlich anwesende Publikum jedenfalls war am Ende derart aus dem Häuschen, dass es sich noch drei Zugaben erklatschte. Bei Ellingtons „Caravan“ klinkte sich sogar das Orchester nochmal ein.

Keine Kommentare vorhanden

Sagen Sie Ihre Meinung, schreiben Sie einen Kommentar!

Ich habe die Datenschutzerklärung zur Kenntnis genommen und bin damit einverstanden, dass die von mir angegebenen Daten, mit dem Absenden dieses Onlineformulars, zweckgebunden zum Kommentieren elektronisch erhoben und gespeichert werden.