Kriegsszenen in der Sandgrube

20.
Nov.
2022

Die Stuttgarter Philharmoniker spielten die Filmmusik zu „Das Weib des Pharao“

Ein Stoff, wie geschaffen für einen Monumentalfilm: ein betagter ägyptischer Pharao verliebt sich ausgerechnet in eine Sklavin seines äthiopischen Widersachers, die allerdings den jungen Ramphis liebt. Den will der Pharao zunächst umbringen lassen, begnadigt ihn dann aber doch, nachdem ihm die Sklavin die Ehe verspricht. Am Ende wird alles schlecht: das Liebespaar kommt zusammen, wird aber vom Volk gesteinigt, nachdem der im Krieg totgeglaubte Pharao zunächst zurückkehrt, dann aber ebenfalls stirbt.

Für den den Regisseur Ernst Lubitsch sollte „Das Weib des Pharao“ die Eintrittskarte nach Hollywood sein, und tatsächlich fand die Uraufführung 1922 in New York statt. Allerdings bevorzugten die Amerikaner schon damals Happy Ends, und so ließ man dort den kompletten 6. Akt mit dem dramatischen Finale einfach weg. Gedreht hatte Lubitsch mit Emil Jannings als Pharao in den Berliner Filmstudio, die Kriegsszene zwischen Ägyptern und Äthiopiern stellte man mit Massen von Komparsen in einer märkischen Sandgrube nach.

Nachdem der Film lange Zeit nur in unvollständigen Kopien zu sehen war, wurde er Anfang der 2000er Jahre digital restauriert und 2011 zusammen mit der Originalmusik von Eduard Künneke erstmals in Berlin gezeigt. Die musikalische Einrichtung übernahm damals Frank Strobel, und der hatte nun auch die Stuttgarter Philharmoniker dirigiert, die innerhalb ihres Zyklus „Die Große Reihe“ Lubitschs Film begleiteten. Und das war ein Erlebnis, denn Künneke hat für die Filmmusik alle Register gezogen: farbig instrumentiert und mit allerhand orientalischem Kolorit angereichert, wird das große Orchester hier effektvoll eingesetzt. Auch die durchaus heikle Synchronisierung der Musik mit der Filmspur gelang passgenau.

Interessant aus der historischen Distanz erscheint uns die Ästhetik des Stummfilms: das Fehlen von gesprochenen Dialogen wurde in einem Maß durch Mimik und Gestik ausgeglichen, das uns heute übertrieben vorkommen kann. Zöge das theatralische Grimassieren, mit dem der Pharao seine Zerknirschung ausdrückt, heute das Etikett „Chargieren“ nach, so galt es vor hundert Jahren, als das Kino noch weit davon entfernt war, so etwas wie Realität imaginieren zu können, als legitimes Kunstmittel. Eine Geschichte allein durch Bilder und einige Zwischentexte spannend und so zu erzählen, dass sie jeder versteht: darum ging es. Und das, so zeigte dieser Abend, war Lubitsch gelungen.

Frank Armbruster

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