Johann Strauß´ Operette „Die Fledermaus“ im Beethovensaal

18.
Mrz.
2015

Es muss nicht immer Champagner sein

Dass einer den eigenen Ehepartner nicht erkennt, trotz wohl vertrauter Stimme, bloß weil der eine Perücke oder/und eine Augenmaske trägt – sowas gibt´s nur im Theater. So unrealistisch die Situation auch ist, so beliebt ist sie bei Librettisten, lassen sich daraus doch die herrlichsten Verwicklungen stricken. In seiner Operette „Die Fledermaus“ hat Johann Strauß das Verwechsungsspiel auf die Spitze getrieben. (Fast) jeder gibt hier vor, ein anderer zu sein, es wird getrickst, gelogen und getäuscht – doch am Ende fliegt der Schwindel auf und alle schauen bedröppelt drein. Macht nichts. Schuld war eh nur der Champagner.
Hierzulande trinkt man lieber Winzersekt, der wiederum öfter mal aus der Rieslingtraube ist, womit wir schon bei den Stuttgarter Philharmonikern wären. Die haben ihre „Große Reihe“ in dieser Saison bekanntlich unter das Motto „Rebsorten“ gestellt, für die Aufführung der „Fledermaus“ nun diente ihnen der Riesling quasi als Chiffre für jenen Schaumwein, welcher das bunte Treiben auf dem Fest des Grafen Orlofsky befeuert. Eine Operette im Abokonzert freilich ist ein aufwändiges Unterfangen: galt es doch, nicht nur zehn geeignete Sänger und einen Chor zu verpflichten, sondern das Stück auch noch schlüssig auf die nur bedingt operntaugliche Bühne des Beethovensaals zu bringen. Doch der Einsatz hat sich gelohnt. Und wie.
„Sie sind nicht in der Oper, Sie sind in einer seriösen Lokalität“!, scherzte der Gefängniswärter Frosch alias Ernst Konarek im dritten Akt, aber selbst in einem Opernhaus bekommt man eine derart mitreißende „Fledermaus“ nicht alle Tage zu sehen. Nicht nur musikalisch war die Aufführung erstklassig, auch szenisch machte Ernst Konarek, der Regie führte, das Beste aus den beschränkten Möglichkeiten. Nicholas Milton am Pult der prima disponierten Philharmoniker fand für die Polkas und Walzer die rechte Mischung aus Leichtigkeit, Eleganz und tänzerischem Schwung. Durchweg sehr gut die Sänger, die nicht nur stimmlich, sondern in den Dialogpartien auch darstellerisch überzeugten. Allen voran Sebastian Reinthaller: ein idealer Eisenstein, nicht nur da er gebürtiger Wiener und ein toller Tenor ist, sondern weil er die Mischung aus überheblicher Selbstgewissheit und Naivität großartig verkörperte. Auf hohem Niveau sangen auch Timothy Sharp als Dr. Falke und Stefanie C. Braun als Rosalinde, Anja-Nina Bahrmann becircte als soubrettenhafte Ulknudel in der Rolle des Stubenmädchens Adele.
Konarek inszenierte das Ganze als boulevardeskes Komödientheater, immer haarscharf an der Grenze zur Karikatur, ohne diese zu überschreiten. In den auf aktuellen Stand gebrachten Dialogszenen nutzte er jede Chance zu krachenden Pointen, wohl wissend, dass Subtilitäten wenig Chancen haben würden in dem Riesensaal. So wurde nach Kräften gegackert und gefummelt, gekungelt, getratscht und grimassiert, die Sänger wie auch der szenisch wie vokal sehr präsente Württembergische Kammerchor hatten merklich größtes Vergnügen an dem aufgekratzten Treiben. Mit hintersinnig ätzender Komik und Mut zum absurden Slapstick verkörperte Konarek den versoffenen Frosch: eine Paraderolle für den Wiener. Nestroy hätte seine Freude daran gehabt. (StZ)

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