Werbung für die britische Musik

01.
Jan.
2023

Dass der Jazzklarinettist Benny Goodman Anfang der 1940er Jahre Benjamin Britten um die Komposition eines Klarinettenkonzerts bat, verwundert nicht. Britten galt schon damals als einer der führenden Komponisten seiner Zeit, gerade seine Solokonzerte zählen zu den Meisterwerken ihrer Gattungen. Dass aus dem Konzert nichts wurde, ist den Umständen des Krieges geschuldet – immerhin aber überdauerte der Entwurf zum ersten Satz, der erst 1989 von Colin Matthews vollendet und durch Bearbeitungen zweier weiterer Britten-Werke ergänzt wurde. Die Erkenntnis, dass dieses Stück eine veritable Ergänzung des Repertoires ist, ist auch dem Klarinettisten Sebastian Manz zu verdanken, das das Werk nun beim Silvesterkonzert mit dem SWR Symphonieorchester im Stuttgarter Beethovensaal aufgeführt hat. Vor allem im ersten Satz kann dabei die Klarinette ihr gesamtes Spektrum an Ausdrucksmöglichkeiten zeigen: weitgespannte, ab und an durch Glissandi und dirty tones angereicherte Kantilenen, virtuose Figurationen und Akkordbrechungen, alles integriert in einen vielfarbigen, die Soloklarinette niemals überlagernden Orchestersatz. Manz, selbst Soloklarinettist des Orchesters, spielte das mit der ihm eigenen musikantischen Emphase, technisch brillant und dabei kein Risiko scheuend – da gab es sogar Applaus zwischen den Sätzen aus dem erfreulich gut besetzten Saal. Und am Ende, zusammen mit Manz´ Kollegen Dirk Altmann, gar eine Zugabe: den 3. Satz aus Poulencs Sonate für zwei Klarinetten.
Auch das restliche Programm bestand aus Werken britischer Komponisten, die, aus welchen Gründen auch immer, hierzulande immer noch unterrepräsentiert sind. Neben Britten gilt dies vor allem für Ralph Vaughan Williams. Roger Norrington hatte sich einst als Chefdirigent des SWR-Orchesters für ihn stark gemacht hat, und auch seine „Serenade to Music“ darf als Ausweis seiner Qualitäten als Symphoniker gelten.
Dass dieser Abend insgesamt eine Werbung für die britische Musik war, wie sie eindrücklicher kaum hätte sein können, lag an dem perfekt disponierten Orchester, aber auch am Dirigenten Andrew Manze. Neben zweier Adaptionen für Streicher von Werken Henry Purcells war es vor allem seine überwältigende Realisierung von Edward Elgars grandiosen „Enigma-Variationen“, die am Ende des Konzert für jene Ovationen sorgte, die von der famos hingelegten Zugabe nochmals angefeuert wurde: Elgars March No. 1 „Pomp and Circumstance“. Was auch sonst?

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