Der Dirigent als Showman
Das City of Birmingham Symphony Orchestra eröffnete die Meisterkonzertreihe im Beethovensaal
Erst im März dieses Jahres war das City of Birmingham Symphony Orchestra mit einem bejubelten Auftritt in Stuttgart zu Gast, damals noch unter ihrer Chefdirigentin Mirga Gražinytė-Tyla, die das Orchester sieben Jahre lang geleitet hatte. Ein halbes Jahr später nun gastierte es zu Eröffnung der Meisterkonzertreihe unter seinem neuen Chefdirigenten Kazuki Yamada erneut im Beethovensaal. Mitgebracht hatte man als Solisten das Klavierduo Lucas und Arthur Jussen: die holländischen Beaus sind das derzeit wohl schillerndste Brüderpaar der Klassikszene. Bei seinen Auftritten – erst im Januar diesen Jahres in der Meisterpianistenreihe – pflegt es das Publikum mit seinen zirzenischen Klavierkünsten und seiner Energie zu Beifallsstürmen hinzureißen. Pianistisch sind die beiden derart versiert, dass sie vermutlich auch als Solisten reüssieren könnten, was sie an diesem Abend allerdings in Mozarts Konzert für 2 Klaviere und Orchester KV 365 nur ansatzweise zeigen konnten. Mozart hatte das Werk für sich und seine Schwester Anna geschrieben, und außer punktgenauem Zusammenspiel – für die Jussens eine Selbstverständlichkeit – stellt es für Pianisten kaum eine Herausforderung dar. Gleichwohl freute man sich über das fein ausgearbeitete, animierende Musizieren der Brüder und die Freude wäre noch größer gewesen, hätte Kazuki Yamada das (zu) groß besetzte Orchester mit ähnlicher Differenziertheit behandelt wie die Pianisten ihre Instrumente.
Denn schon beim ersten Stück des Abends, Prokofjews Sinfonie Nr. 1 D-Dur wurde deutlich, dass Yamada ein Dirigent ist, der die große Geste, den äußerlichen Effekt bevorzugt: der Charme dieses bewusst mit historisierenden Elementen angereicherten Werks geriet in den Hintergrund angesichts der plakativen Zurschaustellung orchestraler Virtuosität. Auch nach der Pause wurde das Potential des Orchesters nur andeutungsweise deutlich. Rachmaninows Sinfonische Tänze sind ein doppelbödiges Werk, in das der Komponist, fern von äußerlicher Klangpracht und süßem Melodienzauber, an existenzielle Menschheitsfragen rührt. Das gilt besonders für den dritten, von bitterer Klage und dämonischem Tanz geprägten Satz, der an diesem Abend fast wie Filmmusik klang: eindrucksvoll, aber inhaltsleer. Immerhin: Yamada ist ein begabter Showman. Zur Zugabe, dem rasant hingelegten „Lezginka“aus Khachaturians „Gayane“- Suite, tanzte er auf dem Podium.
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